zurück
60Plus | 300 Jahre | Dezember, 2019
A A

Was bedeuten 300 Jahre Liechtenstein für Triesenberg und für mich?

Gemeindevorsteher Christoph Beck, Triesenberg 

Die Einwanderer aus dem Wallis haben sich schon vor fast 700 Jahren in Triesenberg niedergelassen und durch harte Arbeit unser Gemeindegebiet urbar gemacht. Für uns Walser haben denn auch Geschichte und Traditionen einen hohen Stellenwert.

Auch die 300 Jahre Liechtenstein bedeuten uns Triesenbergern sehr viel. Wenn man die bewegte Geschichte des Landes betrachtet, wird einem bewusst, was unsere Vorfahren mühsam für uns erarbeitet haben. Sie haben unser damals armes Land zu dem gemacht, was es heute ist: ein Land das uns allen Sicherheit bietet und auf das wir stolz sein können. Viele Macher müssen hier gelebt haben, die mit ihren vorausschauenden und klugen Entscheiden den heutigen Wohlstand des Landes überhaupt erst ermöglicht haben. Darunter auch viele Triesenberger. Ich denke da unter anderem an Dr. Wilhelm Beck.

Es war früher sicher nicht alles besser. Die letzten 300 Jahre waren auch geprägt durch grosse Not, Hunger oder Katastrophen. Beispielsweis die Rheinnot, Hungersnöte oder die verschiedenen Kriege, die Auswirkungen auf unser Land hatten, selbst wenn sie nicht hier stattfanden. Not macht bekanntlich erfinderisch und so wurde viel angepackt und umgesetzt. Unser Staat entwickelte sich durch die vielen Menschen, die mit anpackten und sich für die Allgemeinheit einsetzten.

Unsere Ahnen mussten viele Entbehrungen hinnehmen. Wenn ich in den Bergen an unseren Alpen vorbeikomme, stelle ich mir öfters die Frage, wie und wieso so grosse Anstrengungen unternommen wurden, um solche Gebäude in der damaligen Zeit zu erstellen und das steile Gelände zu bewirtschaften. Die Antwort ist einfach, unsere Vorfahren sicherten damit für sich und ihre Familien das Überleben.

Sind wir deshalb aber zufriedener? Ich weiss es nicht. Waren die Menschen früher auf die Unterstützung durch die Gemeinschaft angewiesen, wird heute die Individualität grossgeschrieben. Keiner möchte mehr auf den anderen angewiesen sein.

Heute haben wir in vielerlei Hinsicht alles, was wir brauchen. Hunger kennt meine Generation nicht und Krieg ist etwas, das wir nur aus Erzählungen oder dann aus dem Fernsehen kennen. Sind wir deshalb aber zufriedener? Ich weiss es nicht. Waren die Menschen früher auf die Unterstützung durch die Gemeinschaft angewiesen, wird heute die Individualität grossgeschrieben. Keiner möchte mehr auf den anderen angewiesen sein. Jeder verfolgt seine persönlichen Ziele. Geht es um die Gemeinschaft, weiss aber jeder, was für den Nachbarn oder und für alle gut wäre. In diesem Zusammenhang hört man dann Aussprüche wie «sulla sött ma» (man sollte) «i det» (ich würde). Ich frage mich dann immer: Warum machst du es nicht? Warum setzt du dich nicht selber ein?

Wir stehen vor Herausforderungen. Gerade in der heutigen Zeit ist es daher wichtig, dass wir die Weiterentwicklung unserer Heimat gemeinsam anpacken. Zusammen können wir Grossartiges leisten. Dazu müssen wir uns aber alle einbringen. Wir müssen offen miteinander reden und dann gemeinsam mehrheitsfähige Projekte entwickeln. Unser Demokratieverständnis darf nicht da aufhören, wo es nicht mehr unsere eigene Meinung ist. Sorgen wir dafür, dass es vorwärtsgeht und wir nicht in ein paar Jahren sagen müssen: «Ma hätt sulla!» (man hätte sollen).

Was ziehe ich also für eine Lehre aus den 300 Jahren? Zusammen anpacken und mit den uns zur Verfügung stehenden Mitteln auch wieder einmal etwas wagen. Pflege, Verkehr, Umwelt oder neue Technologien sind beispielweise Themen, die es anzugehen gilt. Machen wir uns fit für die Zukunft.

Die Geldsorgen haben, es aber nicht zu sagen trauen. Die unverschuldet in Not geraten sind oder andere Probleme haben. Auf unserem Weg dürfen wir diese Mitmenschen nicht vergessen, denen es nicht so gut geht.

In unserem schönen, sicheren und reichen Land gibt es leider auch viele Mitmenschen, denen es nicht so gut geht. Die Geldsorgen haben, es aber nicht zu sagen trauen. Die unverschuldet in Not geraten sind oder andere Probleme haben. Auf unserem Weg dürfen wir diese Mitmenschen nicht vergessen, denen es nicht so gut geht. Eine Gesellschaft muss daran gemessen werden, wie sie mit den schwächsten Mitgliedern umgeht.

Um auf die Ursprungsfrage zurückzukommen: Für mich, und ich gehe davon aus für die meisten Triesenberger auch, bedeuten 300 Jahre Liechtenstein sehr viel. Mit den vielen Veranstaltungen im Jubiläumsjahr setzten wir uns mit dem Gestern, Heute und Morgen auseinander und können darauf aufbauend die Zukunft zum Wohl von uns allen gestalten.

Mit einem Zitat, das mir in diesem Zusammenhang gut gefällt, möchte ich schliessen: «Die Zukunft passiert sowieso, das können wir nicht verhindern. Mitgestalten können wir sie allerdings. Also machen wir das.» Ich gratuliere allen zu 300 Jahre Liechtenstein und bin stolz auf unsere Heimat.

  

Christoph Beck

Christoph Beck absolvierte  nach der Lehre als Elektromonteur bei der Elektro Risch AG die Ausbildung zum Elektrotechniker und zum Wirtschaftsingenieur. Im Februar 2013 wurde er in den Landtag gewählt. Als Abgeordneter war er Mitglied der EWR-Kommission sowie der liechtensteinischen Delegation in der Parlamentarischen Kommission Bodensee. Des Weiteren war er einer der beiden Schriftführer des Landtages. Seit der Gemeindewahl am 15. März 2015 ist er Gemeindevorsteher in Triesenberg. Christoph Beck ist verheiratet und hat zwei Söhne sowie eine Tochter.