von Dr. Lorenz Risch
Bei einer Allergie kommt es zu einer überschiessenden Reaktion des Immunsystems auf eine körperfremde Substanz, dem sogenannten Allergen. Eine solche Substanz wird normalerweise vom Körper problemlos toleriert, ohne dass eine fehlgeleitete Immunreaktion in Gang kommt. Eine Allergie manifestiert sich in der Regel an der Nase (z. B. bei Heuschnupfen), als Asthma in der Lunge, als Erbrechen oder Durchfall im Magen-Darm-Trakt oder als Ausschlag auf der Haut.
Auch wenn Allergien im Alter etwas weniger häufig angetroffen werden wie bei der jüngeren Bevölkerung, so können sie auch im Alter erstmals auftreten. In einer Schweizer Studie zeigten Professor Brunello Wüthrich und KollegInnen vor rund 10 Jahren, dass Merkmale einer Allergie bei Senioren im Alter über 60 sehr häufig gesehen werden können (vgl. Tabelle 1).
Tabelle 1.
Häufigkeiten von Allergie-Merkmalen in der Schweiz [1].
Interessant dabei ist, dass Männer zwar häufiger auf Allergie hinweisende Antikörper als Frauen zeigten, allergische Symptome aber bei beiden Geschlechtern gleich häufig beobachtet werden konnten. Im Rahmen des Alterungsprozesses kommt es auch im Alter zu bedeutenden Veränderungen des Immunsystems, der sogenannten Immunseneszenz. Während einige Aspekte der Immunfunktion im Alter abnehmen, kommt es bei anderen Aspekten zu einer diesbezüglichen Zunahme. Diese Veränderungen führen zu einer vermehrten Anfälligkeit auf Infektionen, Autoimmunerkrankungen, aber auch zu vermehrt allergischen Entzündungsreaktionen.
Das Altern selbst, aber auch die Tatsache, dass im Alter bei Patienten neben Allergien noch multiple Erkrankungen und Medikamententherapien vorliegen können, kann die Diagnostik einer allergischen Erkrankung zur Herausforderung werden lassen. Die Symptome können weniger offensichtlich sein oder als andere Gesundheitsprobleme gedeutet werden. Wichtig ist, auch bei möglicherweise atypischen Symptomen an das Vorliegen einer allergischen Erkrankung zu denken. Es ist gut möglich, dass eine Allergie erst im Seniorenalter neu auftritt. Wenn solche Symptome, welche die Lebensqualität beeinträchtigen, auftreten, dann sollten diese mit der betreuenden ärztlichen Fachperson besprochen und allfällig abgeklärt werden. Mitunter kann sich eine Allergie dahinter verstecken, welche therapeutisch angegangen werden kann.
Ist die Diagnose einer Allergie einmal gestellt, kann mittels Vermeidung der Allergieexposition und geeigneten Medikamenten dafür gesorgt werden, dass der Leidensdruck aufgrund allergischer Erkrankungen möglichst gering bleibt. Bei Nahrungsmittelallergien muss darauf geachtet werden, dass die Ernährung auch nach Weglassen von allergischen Komponenten in der Nahrung ausgeglichen bleibt und der Organismus trotzdem mit allen notwendigen Nährstoffen versorgt wird.
Der Frühling naht. Auch wenn sich mit den Pollenflügen bei einigen Leserinnen und Lesern das erste Mal eine Allergie einstellen wird, wünsche ich uns allen viel Freude an der damit verbundenen Blütenpracht.
Lorenz Risch ist Facharzt für Innere Medizin sowie für medizinische und chemische Labordiagnostik. Er ist Professor für klinische Biochemie an der Universität Bern. An der Harvard University in Boston hat er ein Masterstudium in Public Health absolviert. Diese Studienrichtung beschäftigt sich mit dem öffentlichen Gesundheitswesen und der Verbesserung der Volksgesundheit.