von Gabi Eberle
Der Titel (engl. «Work hard and be nice») ist für Vibeke Vögeli-Larsen, die hierzulande oft ihren Vornamen, in Norwegen ihren Nachnamen buchstabieren muss, ein Lebensmotto. Ein Zeitungsinserat führte die damals 21-jährige Osloerin gemeinsam mit einer Freundin als Zimmermädchen nach Malbun, wo sie nicht nur Schnee und (Wäsche-)Berge, sondern auch ihre grosse Liebe Karlheinz fand. Gemeinsam führen sie seit 2002 das über hundert Jahre alte Alpenhotel Vögeli in 4. Generation. Ein eingespieltes Team, beruflich wie privat.
Offen, freundlich, fröhlich und naturverbunden war Vibeke, 1964 in Oslo geboren und aufgewachsen, schon von klein auf. «Meine Kindheit und Jugend war wunderschön. Ich war nicht ängstlich, gerne allein oder mit Freunden in der Stadt unterwegs, früh selbstständig und auch nicht verwöhnt, was man Einzelkindern ja oft nachsagt», meint sie lachend. Ihre Eltern waren wie schon die Grosseltern beide berufstätig, was typisch für Norwegen ist. Die Ferien verbrachte die Familie meist in den Bergen. Nach der Gymnasiumzeit – Vibeke arbeitete nebenbei als Reitlehrerin für Hotelgäste in einem Osloer Berghotel – ging’s mit ihrer Kollegin nach London. Mit dem Cambridge Proficiency in der Tasche zurück in Oslo, war da eben das besagte Zeitungsinserat … «Als ich meiner Mutter eröffnete, nach Liechtenstein zu gehen, wies sie mich etwas besorgt darauf hin, dass dort die Frauen ja eben erst das Stimmrecht erhalten hätten. Das konnte ich kaum glauben – in Norwegen war das seit 1913 normal.» Die Frage nach dem Liechtensteiner Pass verneint sie: «Für mich passt der norwegische, komme damit ja überall hin.»
Eine norwegisch-liechtensteinische Liebesgeschichte
In Malbun angekommen, verständigte sie sich zu Anfang auf Englisch, lernte aber rasch Deutsch. «Es war recht lustig, wir bekamen viel Aufmerksamkeit, die Menschen waren nett zu uns.» Gewarnt wurden die beiden blonden Mädchen allerdings vor den bei Vollmond und Weisswein «spinnigen» Triesenbergern. «Ich dachte mir nur ‹oh, wo sind wir hier gelandet’ …». In der Jörabar lernte Vibeke kurz darauf Karlheinz kennen. «Auch vor ihm warnte man mich – er sei ein ganz Wilder, hat mir aber recht gut gefallen und es ging tipptopp», lacht sie. Für die Norwegerin ging es bald zurück nach Hause, für Karlheinz als Koch nach Kanada. «Von dort schickte er mir eine Postkarte mit den Worten ‹Ich glaube, ich vermisse dich.› So nahm unsere Liebesgeschichte ihren Anfang.» Vibeke besuchte dann die Hotelfachschule in Chur, absolvierte ein einjähriges Praktikum im Hotel Engel in Vaduz, erwarb dort umfassende Branchenkenntnisse. Vor der Hochzeit im Jahr 1992 verbrachte das Paar sechs Monate in Oslo. «Eine wunderschöne Zeit!»
Mit Herz und Seele im Familienbetrieb
Seit 2002 führen Karlheinz und Vibeke Vögeli das über hundertjährige Alpenhotel Vögeli in Malbun. Ein Familienbetrieb, von denen es in Liechtenstein nurmehr wenige gibt. «Es war ein sanfter Übergang; wir arbeiteten mit den Schwiegereltern Hand in Hand. Auch nach ihrer Pensionierung lösten uns die beiden noch zwei Tage pro Woche ab. Elsi war eine bekannte, beliebte Persönlichkeit, wusste viele Geschichten zu erzählen. Karlheinz ist seiner Mutter sehr ähnlich.» Nach Abschluss ihrer gewerblichen Ausbildung sind die ihre Söhne ebenfalls eingestiegen – Simon (31) ist Koch, Martin (30), als Jugendlicher bekannter Langläufer und Olympiateilnehmer, im «Vögeli» für Rezeption und Service zuständig. «Die beiden hatten eine unbeschwerte Kindheit, konnten frei, mitten in der Natur aufwachsen. Zwischendurch gab es schon auch Momente, in denen ich mich fragte, ob ich wohl genug Zeit für sie hätte. Doch wie es scheint, haben wir ihnen gute Werte mitgegeben bzw. vorgelebt – unter anderem, dass uns die Arbeit nicht geschadet hat, im Gegenteil. Dass wir uns als Familie alle sehr nahestehen, ist schön und fühlt sich sehr gut an!»
Hatte Vibeke nie Heimweh nach Norwegen? «Eigentlich nicht. Meine Eltern, die leider bereits verstorben sind, kamen regelmässig zu Besuch ins Malbun. Auch unsere ehemaligen Kindermädchen aus Norwegen kommen noch ab und zu.»
Als Ehe- und Wirtepaar ein Team
Privat und beruflich Tag für Tag zusammen sein: eine Herausforderung? «Nicht wirklich, denn die Arbeit verbindet einen, man hat ein gemeinsames Ziel, freut sich am Ende des Tages, wenn alles gut gelaufen ist. Auch in der Freizeit unternehmen wir vieles gemeinsam. Im Frühling oder Herbst, wenn es im Vögeli eher ruhig ist, besuchen wir oft Kollegen in Florida, obwohl Karlheinz eher der Bergmensch ist. Doch wir finden immer einen Kompromiss und geniessen das Zusammensein. Er ist mein bester Freund.»
Beide sind noch während fünf Tagen, von 6.30 Uhr bis spätabends, im Betrieb. «Es läuft super. Wir sind gesund, helfen überall mit, wo es uns braucht – so wie es uns die Schwiegereltern vorgelebt haben.» Muss sie beim Personal auch mal streng sein? «Nein, denn wir haben fleissige, langjährige Mitarbeiter zur Seite. Will man Menschen zum Mitmachen bewegen, halte ich mich gerne an ein Zitat des französischen Schriftstellers Antoine de Saint-Exupéry: ‹Wenn Du ein Schiff bauen willst, dann trommle nicht Männer zusammen, um Holz zu beschaffen, Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen, sondern lehre die Männer die Sehnsucht nach dem weiten, endlosen Meer.› Natürlich braucht es im Gastgewerbe viel Durchhaltevermögen, denn es ist, bei aller Freude über zufriedene Gäste, ein Knochenjob.»
Vor rund 20 Jahren konnten Karlheinz und Vibeke ein altes Walserhaus unterhalb Masescha erwerben, einst das Zuhause des österreichischen Tiefseeforschers Hans Hass. Seit 2020 leben sie fix dort. «Der Arbeitsweg nach Malbun dauert nur 7 Minuten …»
Laufen, lesen und bekennender «Swiftie»
In ihren 30ern legte sie im «Hubraum» ab und zu als DJane auf – «crossover, von altem Rock über neuen Pop bis Punk. «Nein, gelernt habe ich das nicht, einfach probiert und gemacht. Es war ein grosser Spass …» Als begeisterter «Swiftie» besuchte Vibeke im vergangenen Jahr Taylor-Swift-Konzerte in Zürich und Florida. «70 000 Zuschauer – einfach phänomenal!» Sie mag es aber auch ruhig, geht oft laufen oder sieht sich gute Filme an. Zwei, drei Mal im Jahr ist ihr Reiseziel die alte Heimat Oslo. Baden im Meer, wandern hoch zum Holmenkollen – der Berg liegt praktisch vor ihrer Haustüre. Geht sie heute durch die Stadt, besucht die Plätze ihrer Kindheit, geniesst sie die Anonymität, «und doch ist alles so vertraut.» Beim Stöbern in Buchhandlungen geht ihr Blick meist hin zu neuem, aktuellem Lesestoff. «In Norwegen wird Literatur grossgeschrieben. Die jungen Schriftsteller werden vom Staat sehr unterstützt.» Grosse Zukunftspläne hegt Vibeke nicht. «Irgendwann möchte ich gemeinsam mit Karlheinz Norwegen mit dem Wohnmobil bereisen. Ja, das wünsche ich mir …»