von Gabi Eberle
Innert weniger Sekunden bilden wir uns einen ersten Eindruck von unserem Gegenüber. Wenn auch unterbewusst, hat dieser etwas mit oberflächlichen Aspekten zu tun: Kleidung, Haltung, Haare, Gesicht und … Zähne. Sie sind eben nicht nur Werkzeuge zur Verdauungsvorbereitung der Nahrung. In Sachen Zahnpflege kursieren etliche Empfehlungen. Was Mythen und was Fakten sind, hat 60Plus bei Zahnärztin Dominique Korner aus Triesen nachgefragt.
Bis ins 19. Jahrhundert glaubte man, dass ein Zahnwurm, der in den Zähnen lebt, die Ursache für Zahnschmerzen und Karies sei. Diese Zeiten sind definitiv vorbei. Doch wie sieht die optimale Mundhygiene aus und was ist bei der Auswahl von Zahnpasta, Zahnbürste & Co. zu beachten?
Wird die Zahnqualität genetisch vererbt?
Teilweise. Dennoch hat man selbst den grössten Einfluss auf die Zahngesundheit. Gesunde Ernährung, ein bewusster Lebensstil und gute Mundhygiene sind dabei entscheidend. Besonders wichtig ist ein massvoller Zuckerkonsum, da Zucker das Kariesrisiko erhöht. Genetisch bedingt sind Zahnstellung und -struktur wie Zusammensetzung, Härte, Dicke, Mineralisation des Zahnschmelzes sowie der Zahnhartsubstanzen. Diese Faktoren beeinflussen die Anfälligkeit für Karies und andere Abnutzungserscheinungen. Auch die Zahnstellung bzw. Kieferfehlstellungen sind vererbbar. Ebenfalls genetisch beeinflusst ist die Zusammensetzung des Speichels. Speichelmenge, pH-Wert und die Pufferkapazität schützen die Zähne vor Säuren und Bakterien. Zudem kann eine genetische Veranlagung das Risiko für Zahnkrankheiten wie Parodontitis erhöhen.
Bestimmte harte Beläge wie Zahnstein können nur im Rahmen einer professionellen Reinigung effektiv entfernt werden.
Ist eine regelmässige professionelle Zahnreinigung notwendig?
Die professionelle Zahnreinigung durch eine Dentalhygienikerin (DH) oder eine Prophylaxeassistentin (PA) zählt zu den wichtigsten Massnahmen für die langfristige Zahngesundheit. Bestimmte harte Beläge wie Zahnstein können nur im Rahmen einer professionellen Reinigung effektiv entfernt werden. Bei der Behandlung werden nicht nur die Zahnoberflächen, sondern auch schwer zugängliche Bereiche, einschliesslich des Zahnfleischrands oder wenn nötig auch unter dem Zahnfleisch gründlich gereinigt. Zusätzlich erhalten die Patienten wertvolle Hinweise zur Optimierung ihrer häuslichen Mundhygiene. Wie häufig eine professionelle Zahnreinigung erforderlich ist, lässt sich nicht pauschal festlegen. Bei gesunden Zähnen und Zahnfleisch reicht in der Regel eine jährliche Reinigung aus. Bei erhöhtem Karies- oder Parodontitisrisiko kann ein kürzeres Intervall sinnvoll sein.
Wie oft sollten die Zähne geputzt werden? Ab 60 öfters?
Zwei- bis dreimal tägliches Zähneputzen ist auch über 60 ausreichend. Ältere Menschen neigen zu Zahnfleischrückgang, weshalb es nicht empfehlenswert ist, die Zähne häufiger zu putzen, da übermässiges Putzen das Zahnfleisch und die Zahnhartsubstanz beschädigen kann.
Darüber hinaus ist die richtige Putztechnik entscheidend. Die Zahnbürste sollte im 45°-Winkel am Übergang zwischen Zahn und Zahnfleisch angesetzt werden. Sanfte Rüttelbewegungen ohne übermässigen Druck entsprechen einer idealen Putztechnik. Dabei ist es wichtig, dass alle Zahnflächen gereinigt werden. Die Zähne besser zweimal täglich gründlich reinigen als mehrmals nur halb sorgfältig.
Med. dent. Dominique Korner, eidg. dipl. Zahnärztin mit Schwerpunkt Kieferorthopädie
Zahnbürste: Hart oder weich? Handzahnbürste oder elektrische?
Ich empfehle grundsätzlich, weiche Zahnbürstenaufsätze zu verwenden und auf elektrische Schallzahnbürsten zurückzugreifen. Diese erleichtern die Mundhygiene erheblich, da sie weniger manuelles Geschick erfordern und durch ihre Bewegungen eine gründliche Reinigung ermöglichen. Auch mit einer Handzahnbürste kann eine gute Mundhygiene aufrechterhalten werden, allerdings erfordert sie eine präzisere Putztechnik und mehr manuelles Geschick, um vergleichbare Reinigungsergebnisse zu erzielen. Es ist ratsam, auf weiche Borsten zu setzen, um das Zahnfleisch zu schonen und den Zahnschmelz nicht unnötig abzutragen.
Zahnpasta: Ist die Qualität vom Preis abhängig?
Ein wichtiger Aspekt bei der Auswahl der Zahnpasta ist, dass sie Fluorid enthält und eine nicht zu hohe Abrasivität (Schmirgelwirkung) aufweist. Fluorid stärkt den Zahnschmelz, macht ihn widerstandsfähiger gegen Karies und hilft, beginnende Demineralisierungen zu remineralisieren. Die Abrasivität der Zahnpasta sollte so gewählt werden, dass Zahnbeläge effektiv entfernt werden, ohne den Zahnschmelz übermässig abzutragen. Sowohl günstige als auch teurere Zahnpasten können diese Kriterien erfüllen. Bei der Entscheidung für ein Produkt spielt letztendlich die persönliche Präferenz bezüglich Geschmack und Zusammensetzung eine wichtige Rolle.
Zahnseide oder Interdentalbürsten: zu empfehlen?
Ja, denn ein wichtiger Bestandteil der Mundhygiene ist die regelmässige Reinigung der Zahnzwischenräume, da herkömmliche Zahnbürsten diese Bereiche nicht ausreichend erreichen. Werden die Zwischenräume nicht regelmässig gepflegt, können sich dort Bakterien ansammeln und zu Karies sowie Zahnfleischentzündungen, die sich u. a. durch Mundgeruch bemerkbar machen, führen. Um diese Probleme zu vermeiden, ist die Anwendung von Zahnseide oder Interdentalbürstchen dringend zu empfehlen. Während Zahnseide besonders für enge Zwischenräume geeignet ist, bieten Interdentalbürstchen eine gründliche Reinigung bei grösseren Zwischenräumen und sind besonders einfach in der Handhabung. Die regelmässige Interdentalpflege trägt entscheidend zur Vorbeugung von Zahn- und Zahnfleischerkrankungen bei und sollte daher ein fester Bestandteil der täglichen Mundhygiene sein.
Die heutzutage häufiger verwendeten Füllmaterialien aus Kunststoff oder Keramik sind ästhetischer, da sie in der Zahnfarbe angepasst werden können und somit kaum sichtbar sind.
Ist das Entfernen von Amalgamfüllungen wirklich notwendig?
Amalgamfüllungen müssen nicht grundsätzlich entfernt werden, solange sie intakt sind und keine Beschwerden verursachen. Die heutzutage häufiger verwendeten Füllmaterialien aus Kunststoff oder Keramik sind ästhetischer, da sie in der Zahnfarbe angepasst werden können und somit kaum sichtbar sind. Dennoch gibt es in der Regel keinen zwingenden Grund, intakte Amalgamfüllungen zu entfernen. Besonders zu beachten ist, dass beim Entfernen von Amalgamfüllungen Quecksilberpartikel freigesetzt werden können, weshalb dieser Eingriff sorgfältig geplant und durchgeführt werden sollte. Meiner Meinung nach sollten bestehende, funktionierende Amalgamfüllungen daher nicht ohne Grund ersetzt werden.
Was bringen zuckerfreie Zahnpflegekaugummis oder Mundspülungen?
Mundspülungen und Zahnpflegekaugummis kann ergänzend zu Zahnbürste, Zahnpasta und der erwähnten Interdentalpflege verwenden, wer z. B. ein frisches Mundgefühl schätzt oder unterwegs keine Möglichkeit zum Zähneputzen hat. Doch weder Kaugummis noch Mundspülungen können eine mechanische Reinigung der Zahnoberflächen durchführen und deshalb nicht als Ersatz für die tägliche Zahnpflege betrachtet werden.
Bleichen (Bleaching): Pro/Contra
Das Zahnbleichen wird ausschliesslich aus ästhetischen Gründen durchgeführt. Gelbe oder dunkel verfärbte Zähne sind nicht zwangsläufig schlechte oder ungesunde Zähne. Grundsätzlich führt das Bleichen der Zähne temporär zu einer gewissen Belastung der Zahnhartsubstanz und sollte deshalb nicht zu häufig wiederholt werden. Wenn das Bleaching jedoch unter professioneller Anleitung durch eine Zahnärztin oder einen Zahnarzt korrekt durchgeführt wird, lassen sich weisse Zähne erzielen, ohne langfristige Schäden an den Zähnen zu verursachen. Die beste Vorgehensweise ist eine individuelle Beratung in der Zahnarztpraxis, um das geeignete Verfahren und die optimale Häufigkeit des Bleichens festzulegen. Von Do-it-yourself-Bleaching-Methoden, die online erhältlich sind, ist abzuraten.
Haben Raucher ein erhöhtes Risiko für Parodontitis?
Parodontitis ist eine chronische Entzündung des Zahnhalteapparates. Rauchen erhöht das Risiko für deren Entstehung erheblich. Bei Rauchern ist das Immunsystem geschwächt, das Zahnfleisch wird weniger durchblutet, die Heilung ist verlangsamt und die Bakterienzusammensetzung im Mund verändert. Diese Faktoren begünstigen die Entstehung von Parodontitis und fördern einen schwereren Verlauf.
Zahngesunde Ernährung: Was ist zu beachten?
Der wichtigste Faktor in der Ernährung im Zusammenhang mit der Zahngesundheit ist der Zuckerkonsum. Ein hoher Zuckerkonsum begünstigt die Entstehung von Karies, da Zucker den Bakterien im Mund als Nahrungsquelle dient und dadurch säurehaltige Stoffwechselprodukte entstehen. Diese Säuren greifen den Zahnschmelz an und führen zu dessen Abbau. Auch säurehaltige Lebensmittel und Getränke wie Soft- oder Energydrinks schädigen den Zahnschmelz direkt, senken den pH-Wert im Mund und weichen den Zahnschmelz auf, wodurch er anfälliger für Abnutzung und Karies wird. Besonders problematisch ist der regelmässige Konsum solcher Getränke über den Tag verteilt, da der Zahnschmelz sich nicht ausreichend regenerieren kann. Wichtig für die Zahngesundheit ist eine ausreichende Wasserzufuhr. Wasser hilft, Essens- und Zuckerreste von den Zähnen zu spülen und den pH-Wert im Mund zu neutralisieren.