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60Plus | Mundart | März, 2025
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Meschgla, klogga, matscha

von Mathias Ospelt

In der letzten Ausgabe des 60Plus beschäftigte sich die Mundartreihe mit Spielen, die vor langer Zeit in Gemeinschaft gespielt wurden und zum Teil nach wie vor gespielt werden. Dazu gehörten zum Beispiel «Saulocha» oder «Erde, Brot und Lumpen». In der aktuellen Ausgabe geht es nun um eines der beliebtesten Kartenspiele, das Jassen. Allerdings werden hier nicht die Regeln der verschiedenen Jassvarianten erklärt, sondern es geht vor allem um verschiedene Mundartbegriffe.

Der Jass bzw. das Jassen ist nach wie vor ein sehr beliebtes Kartenspiel, das vor allem in sämtlichen Landesteilen der Schweiz sowie bei uns in Liechtenstein, in Vorarlberg, im Süden Baden-Württembergs, im Elsass sowie in Südtirol verbreitet ist. Also praktisch im gesamten alemannischen Sprachraum. Der Politiker und Volks- und Namenskundler Alexander Frick (1910–1991) bezeichnete das Jassen in einer seiner zahlreichen Kolumnen («Ablopfa – luaga wer zemmakunnt», LVo, 5.2.1981) als Liechtensteiner «Nationalsport», fügte aber wehmütig an, dass es bei der jüngeren Generation – wir sprechen hier von den frühen 1980er-Jahren – viele gab, die keine Ahnung mehr vom Jassen und den dazugehörigen Karten hatten. Den Grund hierfür verortete er in der Familie: «Jassen war früher ein Familienspiel. […] Da wurde gelacht und gewitzelt, hin und wieder, besonders unter Jugendlichen, auch etwas gestritten. Heute sitzt die viel kleiner gewordene Familie wortkarg, ja fast stumm Abend für Abend vor dem modernen Flimmerkasten; untätig lässt man sich berieseln.» Als jemand, der zu Beginn der 1980er-Jahre zu den Jugendlichen gehörte, kann ich dem nur bedingt zustimmen. Ja, in der Familie, wurde weniger gejasst, aber im Kreise gleichaltriger Freunde gehörten Kartenspiele wie «Tschau Sepp», «Schellajass» oder «Molotow» nach wie vor einfach dazu.

Der Jass ist allerdings keine alemannische Erfindung, sondern stammt ursprünglich aus den Niederlanden und kam erst gegen Ende des 18. Jahrhunderts mit protestantischen Söldnern in unsere Breitengrade, wo es das damals weit verbreitete Tarock-Spiel ablöste. Später entstanden dann regionale Varianten dieses Kartenspiels. «Jas» bedeutet denn auch im Niederländischen «Bauer» (Jasspel – Bauernspiel) und auch das «Nell» (Trumpfneun) ist niederländischen Ursprungs.

Zwei der bekanntesten Varianten des Jassens sind in der Schweiz und in Liechtenstein der dem UNO sehr ähnliche «Tschau Sepp», der für Kinder als Einstiegsdroge in das Jass-Vergnügen gelten kann, sowie der «Schiaber» oder – wie es im Vorarlberg genannt wird – das «Krüzjassa». Der Begriff «Schiaber» stammt daher, dass derjenige, der an der Reihe ist, die Spielart zu bestimmen, diesen Entscheid seinem Partner zuschieben kann, der dann bestimmen muss. Spielarten des «Schiabers» sind unter anderem «Unnanuffi» (von unten hinauf), «Obanahi» (von oben hinunter) oder der «Slalom» (abwechselnd «Unnanuffi» und «Obanahi»).

Bei all der Freude, die ein zünftiger Jass bringen kann, hat dieses Kartenspiel aber durchaus auch Suchtcharakter. Vor allem, wenn um Geld gespielt wird. Dies traf auch für Liechtenstein zu. Frick erwähnt in seiner Kolumne die Regierungsverordnung LGBI 1949/10, laut welcher die Varianten «Einundzwanzig», «Siebzehn und Vier» sowie das «Bänkla» verboten waren. Das Ausüben solcher Kartenspiele wurde damals mit Gefängnis bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafen bis zu CHF 5000.– geahndet. Man darf davon ausgehen, dass dies heutzutage nicht mehr der Fall ist.

Ausgehend von Alexander Fricks sehr informativen Betrachtungen zum Jassen, möchte ich in der Folge einige Begriffe aufführen, die für die Beschäftigung in dieser Mundartreihe von Interesse sein können.

Härz, Loob, Äächla, Schella (Herz, Laub, Eichel, Schelle): Dies sind die Farben auf den sogenannten «österreichischen Karten» (auch: «Deutsche Karten»), mit denen früher vor allem im Oberland gespielt wurde.

Rösle, Schella, Schilta, Äächla (Röslein, Schelle, Schild, Eichel): Dies sind die Farben auf den «Schweizerkarten», die nach dem Abschluss des Zollvertrags zwischen Liechtenstein und der Schweiz hierzulande populär wurden. Mit ihnen wird vor allem im Unterland gespielt.

Ablopfa, luaga, wer zemmakunnt: Durch das Abheben von Spielkarten bestimmen, wer gegen wen spielt.

Meschgla, ablopfa, uusgee: Vorgehensweise zu Beginn einer Spielrunde. Zuerst werden die Karten gemischt, dann wird abgehoben, anschliessend wird ausgegeben.

Uuswärfa: Der Spieler, der «Trumpf macht», spielt als Erster aus.

Kaarta ihinee: Der Spieler, der «gestochen» hat, nimmt die Karten an sich.

Klogga (klopfen): Eine meistens verpönte Information an den Spielpartner, welche Farbe gespielt werden soll.

Vergee: Karten inkorrekt austeilen. Eine Folge ist das «Zemmawärfa».

Steha: Eine Karte überbieten

Trumpfa: Die Trumpfkarte ausspielen

Matscha: Den Gegner haushoch schlagen, so dass er keinen «Stech» (höhere Karte als der Gegner spielen, stechen) macht. Macht beim «Schiaber» die trumpfmachende Partei keinen einzigen «Stech», dann nennt man dies «Kontermatsch». Dies kommt eher selten vor.

Stögg: Kombination von Ober und König in der Trumpffarbe

Stögg, Wiis, Stech: «In Schlusskämpfen, […], wenn beide Parteien nur noch wenige Punkte vor dem Ziele stehen, gewinnt die Partei, die die Stöcke weisen kann, danach entscheiden der Weis [was gewiesen wurde] und erst hernach die gestochenen Karten.» (A. Frick)

Bekannte Varianten des Jass-Spiels sind der «Coiffeur-Jass» (von dem französischen Kartenspiel «quoi faire»), der durch die Fernsehsendung «Samschtig Jass» bekannte «Differenzler», der «Molotow», der «Schällajass» bzw. «Herzjass», der «Tschau Sepp» – auch bekannt als Mau-Mau (D), Neunerln (A), Le huit américain (F) oder Pumba (E) –, der «Franzos», das «Arschlöchla», der «Bieter» oder der «Guggitaler». Bei all diesen Varianten handelt es sich – wie es zum Teil der Name schon besagt – um regionale Versionen. Einen interessanten Hintergrund hat z. B. der «Molotow», der auf den sowjetischen Politiker Wjatscheslaw Molotow (1890–1986) zurückgeht, der sich vor allem im «Winterkrieg» 1939/40 gegenüber der finnischen Bevölkerung durch Lügengeschichten – heute würde man sagen: «Fake News» – hervortat. Vermutlich erhielt diese Jassvariante diesen Namen, da es bei diesem Spiel darum geht, den Gegner zu ärgern, indem man ihm zu Punkten verhilft, die er gar nicht will.

Einen weiteren Spezialfall stellt schliesslich das Scherz-Spiel «32, heb uuf!» dar. Hierbei wird einem Ahnungslosen angeboten, «32, heb uuf!» zu spielen. Erklärt sich der Gefragte bereit, werden die Karten auf den Boden geworfen, und er muss sie wieder einsammeln. 32 ist die Anzahl der Karten in einem Jasskarten-Spiel.