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60Plus | Im Blickpunkt | Juli, 2017
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Sachwalterschaft

Beim Sachwalterverein in guten Händen

Das Team: v.l.: Daniel Bonomessi, Theresia Vogt, Helen Konzett, Karin Banzer und Josef Thaler

Mit der Aufnahme der Tätigkeit des Sachwaltervereins im Jahre 2011 ist eine wichtige Lücke im sozialen Netz in Liechtenstein geschlossen worden. Und es ist wichtig und richtig, dass die Dienstleistungen dieser Institution in der Öffentlichkeit besser und gezielter bekannt gemacht werden. Der Sachwalterverein ist ein privatrechtlicher Verein, welcher mit der Regierung eine Leistungsvereinbarung abgeschlossen hat. Er leistet Aufgaben im Bereich der Sachwalterschaft (Vormundschaft). Die Dienstleistungen dieser wichtigen sozialen Institution nehmen auch Seniorinnen und Senioren in Anspruch.

Ein wichtiges Aufgabengebiet ist die Vorsorgevollmacht, die vor allem für Personen der älteren Generation wichtig werden kann. Darauf werden wir in der Oktoberausgabe näher eingehen.

Der Sachwalterverein bezweckt die gesetzliche Vertretung und Förderung der Interessen von volljährigen Personen mit psychischer oder geistiger Behinderung, die Hilfe und Unterstützung brauchen. Die Geschäftsstelle mit Josef Thaler als Geschäftsstellenleiter und dem Team befindet sich An der Halde 3 in Triesen.

Im Jahre 2016 hat der Sachwalterverein die Interessen von 79 Menschen wahrgenommen, sowie viele Beratungen und Abklärungen durchgeführt. Dabei steht das Wohl der Klientinnen und Klienten im Mittelpunkt der Sachwalterschaft.

60PLUS hat sich mit dem Geschäftsstellenleiter Josef Thaler unterhalten und wollte mehr über die Tätigkeit des Vereins in Erfahrung bringen.

Um was geht es bei einer Sachwalterschaft?
Josef Thaler: «Man kennt von früher den Begriff Vormund oder Beistand. Ein Sachwalter hat in etwa die gleichen Pflichten. Jedoch hat sich mit der Gesetzesänderung nicht nur der Begriff geändert. Mit dem neuen Gesetz ist die betroffene Person in den Mittelpunkt gerückt. Darüber möchte ich später noch mehr berichten. Grundsätzlich geht es bei einer Sachwalterschaft darum, eine Person, die aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage ist, sich selbst zu vertreten zu unterstützen und zu ihrem Recht zu verhelfen.»

«Man kennt von früher den Begriff Vormund oder Beistand. Ein Sachwalter hat in etwa die gleichen Pflichten. Jedoch hat sich mit der Gesetzesänderung nicht nur der Begriff geändert. Mit dem neuen Gesetz ist die betroffene Person in den Mittelpunkt gerückt.»

Wie laute der Leistungsauftrag kurz gefasst?
Josef Thaler: «Der Sachwalterverein übernimmt die gesetzliche Vertretung von volljährigen Personen mit psychischer Erkrankung oder geistiger Behinderung. Er fördert die Interessen dieser Personengruppe und steht Ratsuchenden im Bereich Sachwalterschaft unterstützend zur Verfügung.

Der Verein ist von der Regierung des Fürstentums Liechtenstein beauftragt, Aufgaben im Bereich der Sachwalterschaft (früher Vormundschaft) zu übernehmen. In einer Leistungsvereinbarung sind die gegenseitigen Rechte und Pflichten genau geregelt. Grundlage dafür ist das 2011 in Kraft getretene Vereinssachwaltergesetz (VSG).»

Welches sind die Dienstleistungen des Sachwaltervereins kurz zusammengefasst?
Josef Thaler: «Das Hauptaufgabengebiet ist die Übernahme von Sachwalterschaften durch gerichtlichem Beschluss. Dies geschieht immer dann, wenn kein Angehöriger für dieses Amt zur Verfügung steht. Der Sachwalterverein bietet aber all jenen Privatpersonen, die als Sachwalter bestellt sind, seine Beratung und Unterstützung an.

Ein weiteres Aufgabengebiet ist die Beratung für Personen, die für sich selbst oder Andere ein Sachwalterschaftsverfahren bei Gericht anregen möchten. Hier können unsere erfahrenen Mitarbeiter helfen, nach einer massgeschneiderten Lösung zu suchen.»

Was hat sich mit dem neuen Gesetz (Sachwalterrecht) geändert? Was ist der Unterschied zu einer Vormundschaft?
Josef Thaler: «Das neue Sachwalterrecht, das seit 2011 in Kraft ist, stellt die betroffene Person in den Mittelpunkt. Deren Wohl und Schutz steht an erster Stelle. Dies zeigt sich sowohl im Verfahren und dem darin enthaltenen Rekurs- und Antragsrecht aber auch an bestimmten Gesetzesstellen. Als Beispiel können folgende Paragraphen genannt werden.

§272 ABGB: Der Sachwalter hat das Wohl des Pflegebefohlenen bestmöglich zu fördern …

§279 ABGB: Bei der Auswahl des Sachwalters ist besonders auf die Bedürfnisse der behinderten Person Bedacht zu nehmen, …

§281 ABGB: Der Sachwalter hat danach zu trachten, dass die behinderte Person im Rahmen ihrer Fähigkeiten und Möglichkeiten ihre Lebensverhältnisse nach ihren Wünschen und Vorstellungen gestalten kann. Die behinderte Person hat das Recht, von beabsichtigten, ihre Person oder ihr Vermögen betreffenden wichtigen Massnahmen, vom Sachwalter rechtzeitig verständigt zu werden …

Dies bedeutet, dass die betroffene Person einen Rechtsanspruch darauf hat, dass der Sachwalter sich nach den Wünschen und Bedürfnissen erkundigt und diese soweit als möglich erfüllt.»

Wer kann ein Sachwalterschaftsverfahren anregen?
Josef Thaler: «Grundsätzlich ist jedermann berechtigt, ein solches Verfahren für sich selbst oder für eine andere Person anzuregen. Meist wird dies jedoch von Angehörigen gemacht. Auch Institutionen wie z.B. Spitäler oder Seniorenheime machen mitunter Anregungen, nämlich dann, wenn sie merken, dass eine Person seine Angelegenheiten nicht mehr selbst wahrnehmen kann und dadurch eventuell einen Nachteil erleidet. Ein Sachwalterschaftsverfahren wird beim Fürstlichen Landgericht geführt.»

Wer legt fest, wer SachwalterIn wird?
Josef Thaler: «Der zuständige Richter bzw. die Richterin beim Fürstlichen Landgericht prüft im Verfahren, ob Angehörige als Sachwalter zur Verfügung stehen. Es wird geprüft, ob die Person für dieses verantwortungsvolle Amt geeignet ist. Wenn auch die betroffene Person einverstanden ist (siehe links § 272 ABGB), wird der Angehörige als Sachwalter bestellt.

Steht keine nahestehende geeignete Person zur Verfügung so wird meist ein Mitarbeiter des Sachwaltervereins als Sachwalter bestellt.»

Wird die Sachwalterschaft auch von Senioren in Anspruch genommen?
Josef Thaler: «Grundsätzlich sind die Voraussetzungen für die Bestellung eines Sachwalters die Volljährigkeit und  eine bestehende geistige Behinderung oder psychische Erkrankung. Unsere Klienten sind daher altersmässig sehr durchmischt. Eine Demenzerkrankung oder auch Altersverwirrtheit fällt aber auch unter die Bezeichnung psychische Erkrankung. Somit sind auch viele Senioren unter unseren Klienten.

Häufig nehmen Senioren aber das Beratungsangebot wie oben erwähnt in Anspruch, weil sie sich über eine Sachwalterschaft für einen Angehörigen erkundigen möchten. Dieses Angebot ist übrigens kostenlos.

Der Verein hat auch eine Informationsbroschüre herausgegeben, die kostenlos bestellt werden kann. Die Broschüre liegt auch bei allen Gemeindeämtern und natürlich in der Geschäftsstelle des Vereins auf.»

«Der zuständige Richter bzw. die Richterin beim Fürstlichen Landgericht prüft im Verfahren, ob Angehörige als Sachwalter zur Verfügung stehen. Es wird geprüft, ob die Person für dieses verantwortungsvolle Amt geeignet ist.»

Wie geht man vor, wenn eine Sachwalterschaft sinnvoll erscheint?
Josef Thaler: «Als erster Schritt wird ein Beratungsgespräch beim Sachwalterverein empfohlen. Die Anregung für ein Verfahren ist beim Fürstlichen Landgericht entweder mündlich oder schriftlich einzubringen. Auch hier gibt es in unserer Informationsbroschüre die nötigen Hinweise was dabei zu beachten ist.»

Was für Kosten entstehen bei einer Sachwalterschaft für den Klienten?
Josef Thaler: «Die Kosten für das Sachwalterschaftsverfahren trägt fast immer das Gericht. Die Kosten für das medizinische Gutachten werden der betroffenen Person übertragen, aber nur wenn dies vertretbar ist, d.h. die Person dadurch nicht in finanzielle Bedrängnis kommt. Der Sachwalter hat einen jährlichen Entschädigungsanspruch. Dieser richtet sich nach dem Einkommen der betroffenen Person.»

Was für eine Bedeutung hat die Vorsorgevollmacht und für wen?
Josef Thaler: «Das Thema Vorsorgevollmacht liegt mir besonders am Herzen. Mit dem Inkrafttreten des Sachwalterrechts im Jahr 2011 wurden auch die Bestimmungen für die Vorsorgevollmacht festgelegt, die leider noch viel zu wenig im Bewusstsein der Menschen sind. Häufig wird die Vorsorgevollmacht auch mit der Patientenverfügung verwechselt.

Eine Vorsorgevollmacht kann man sich wie eine Art Testament vorstellen. Der Unterschied besteht darin, dass man hier nicht für den Fall seines Ablebens Vorsorge trifft, sondern für den Fall, dass man nicht mehr handlungs- oder geschäftsfähig bzw. diesbezüglich eingeschränkt ist. Die Vorsorgevollmacht kann ganz individuell formuliert werden und alle Bereiche im finanziellen, persönlichen und medizinischen Bereich umfassen. Zu diesem Thema bietet der Verein Beratung an. Die Vollmacht selbst kann zwar frei erstellt werden. Der Verein empfiehlt aber diese bei bzw. mit einem Rechtsanwalt zu erstellen.»

Josef Thaler

Jahrgang 1965
Verheiratet, 1 Tochter
Wohnhaft in Feldkirch

Ausbildung

Sozialpädagoge
Dip. Sozialarbeiter
Studium der Rechtswissenschaft
Ausbildung in Sozialmanagement

Beruflicher Werdegang

Langjährige Berufserfahrung in verschiedenen
Handlungsfeldern der Sozialarbeit, insbesondere Sachwalterschaft

Geschäftsstellenleiter im Sachwalterverein seit 2011


Sachwalterverein Geschäftsstelle
An der Halde 3
FL-9495 Triesen

 T + 423 399 30 90
F + 423 399 30 99

E-Mail: info@sachwalterverein.li
www.sachwalterverein.li