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60Plus | Wie Seet Ma? | März, 2018
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Wia seet ma?

Allerlei Osterbräuche, Teil 1

Ostern gilt für die katholischen Christen als das höchste und auch älteste Fest im Kirchenjahr, schliesslich geht es dabei um die Auferstehung Christi, den hoffnungsvollen Kernpunkt des christlichen Glaubens. Von der ursprünglichen Feier der «heiligen drei Tage», die vom Abend des Gründonnerstages über Karfreitag bis zum Sonntagabend dauert und das Leiden Christi, seinen Tod, die Grabesruhe  und seine Auferstehung abdeckt, ist heutzutage mehr oder weniger nur mehr ein sonntägliches Familienfest mit Ostereiersuchen, Schoko-Osterhasen, feinem Mittagessen und der Live-Übertragung des «urbi et orbi» aus Rom übriggeblieben. Früher einmal war das aber noch etwas anders.

Am Gründonnerstag – früher auch «hoha Donnschtig» genannt – endet die am Aschermittwoch begonnene, vierzigtägige Buss– und Fastenzeit und in der an diesem Tag stattfindenden Mette wird besonders des Letzten Abendmahls gedacht. Adulf Peter Goop schreibt in seinem Standartwerk «Brauchtum in Liechtenstein» dazu:

«Ab dem Gloria des Gründonnerstags bis zum Gloria am Karsamstag schweigen die Glocken, weil sie nach dem Volksglauben nach Rom gegangen sind, um den Segen des Papstes zu empfangen.» (Goop)

Alexander Frick berichtet in seinem Beitrag «Kleppara statt Rätscha» aus dem Jahre 1976 zudem von speziellen Bräuchen, die vor noch nicht allzu langer Zeit in Liechtenstein gepflegt, mittlerweile aber wohl verschwunden sind.

In dieser glockenlosen Zeit wurden früher und heutzutage nur mehr sporadisch hölzerne Flügel- oder Kasteninstrumente benutzt, um auf die kirchlichen Andachten hinzuweisen: die sogenannten «Rätscha» (früher v. a. von Schulbuben bedient) oder die von den Ministranten statt der Schellen während der Messe benutzten «Handrätscha», die gemäss Alexander Frick auch «Klepfa» oder «Klappera» genannt wurden ((LVo, 6.4.1974)). Alexander Frick berichtet in seinem Beitrag «Kleppara statt Rätscha» aus dem Jahre 1976 zudem von speziellen Bräuchen, die vor noch nicht allzu langer Zeit in Liechtenstein gepflegt, mittlerweile aber wohl verschwunden sind.

Bräuche

So berichtet er, man habe am Gründonnerstag in Mauren die Obstbäume «mit dem flachen Teil einer Axt möglichst nahe an der Wurzel ringsum geschlagen [hat], und es wurde gesagt: Wenn net treescht, so hau di um.» In Schaan wiederum wurden die Obstbäume lediglich durch leichtes Schütteln zu ihren kommenden Aufgaben ermahnt. Am Karfreitag wiederum wurden jeweils auf der «Oberteli» (Dachboden) jene «Törkakölba» (Maiskolben) ausgewählt, die ganz «uuskornet» waren, was bedeutet, dass auch die Spitze der Kolben schöne Körner trug. Diese Körner wurden als Samen für die neuen Maisanpflanzungen benötigt. «Uusgmacht», also entkörnt, wurden diese Kolben traditionellerweise am Karfreitag zwischen elf und zwölf Uhr mittags. Diese genaue Zeitangabe war wichtig, da dann, wie Klaus Biedermann in seinem Beitrag «Brauchtum im Jahres- und im Lebenskreislauf» im Band 1 des «Vaduzer Heimatbuches» schreibt, «die Uhr am meisten Stundenschläge habe und man sich daher die grössten Erfolge bei der Aussaat erhoffte».

Weitere typische Karfreitagsarbeiten umfassten das Stecken der Erbsen, das Pflanzen und Veredeln der Bäume, das Zäunen, und auch das Vieh, vor allem das Jungvieh, wurde an diesem Tag zum ersten Mal aus dem Stall gelassen. Und dann gab es auch noch einen weiteren «Brauch» unserer Vorfahren, auf den man allerdings rückblickend nicht mehr allzu stolz sein sollte! Der Karfreitag ist für die evangelische Kirche der höchste kirchliche Feiertag, da für die Reformierten der Tod Christi die Erlösung von Sünde und Schuld bedeutet. Dies hinderte die Liechtensteiner Bauern in früheren Jahren nicht daran, ausgerechnet an diesem Tag ihre rheinnahen Felder zu düngen, in der frommen Hoffnung, dass ein «Loft» (Wind) die unangenehmen Düfte über den Rhein und von dort direkt in die Nasen der «Öberrhiiner» Protestanten blasen möge. Ein beliebter Zuruf soll damals gelautet haben:

«Proteschtanta, Törkaschtumpahelft em Tüüfel bim Göllapumpa!» (mündl. überliefert)

Heutzutage würde man sich mit einem solch politisch inkorrekten Spruch berechtigte Leserbrief-Kritik einhandeln. Damals, davon dürfen wir ausgehen, wussten sich die St. Galler Rheintaler sicherlich anders zu revanchieren. Spätestens am «Üsihärrgottstag» (Fronleichnam), einem weiteren Hochfest im katholischen Kirchenjahr, das in den Liechtensteiner Gemeinden mit Prozessionen durch die jeweiligen Dorfzentren begangen wurde. Ein prima Tag zum «Göllna» also!

Eier

Zu guter Letzt seien hier auch noch die legendenumrankten «Karfreitagseier» erwähnt. Goop schreibt dazu:

«Am Karfreitag gelegten Hühnereiern werden besondere Eigenschaften zugesagt. Man hält sie für heilkräftig und verwendet sie bei Krankheiten von Mensch und Tier. Waldarbeiter essen sie als Schutz vor Unfällen. An der Luft aufbewahrte Karfreitagseier sollen nicht faul werden, sondern ohne Schaden trocknen. […] Damit das Karfreitagsei auch das Haus vor Blitzschlag und Feuergefahr bewahrt und seinen Bewohnern zu Nutz (und Frommen) ausschlägt, muss es am richtigen Ort geborgen werden, wie etwa unter der Türschwelle oder in Herdnähe

Man kann keinen mundartlichen Beitrag schreiben, in dem Eier erwähnt werden, ohne eine der bekanntesten Besonderheiten der Unterländer Dialekte zu erwähnen: «on Eier» – ein Ei! Mag es sonderbar anmuten, dass für einen einzelnen Gegenstand (Ei) eine Pluralform (Eier) gewählt wird, so ist es allerdings falsch davon auszugehen, dass es sich beim Unterländer Artikel «on» (ein) um eine männliche Form handelt. Auch im Unterland bleibt das Ei sächlich! Wie in der Mundart üblich, wurde hier lediglich zwischen zwei Selbstlauten (o und Ei) ein Verbindungs-n eingeführt, um die Aussprache zu erleichtern. Alexander Frick führt zur Verdeutlichung dieses Phänomens in seinem Beitrag «On Ostereier» aus dem Jahre 1976 folgende Beispiele auf: «Wia-n-a Wesile» (Wie ein Wiesel) oder «I ha-n-ems gseet» (Ich habe es ihm gesagt).

Rückmeldung

Im letzten Beitrag des «Wia seet ma»: «Zäälti, Krömle und andere feine Sachen» (Dezember 2017) hiess es unter anderem: «Die Herkunft unserer Krömle ist vorwiegend schweizerisch.»

Hierzu meldete sich der Historiker Dr. Alois Ospelt und schrieb: «Zu Deinem Artikel ein kleiner Hinweis aus meinem Familienarchiv. Da finden sich im ab 1872 entstandenen Kochbuch von Rosa Amann geb. Ospelt (1853 –1936), einer Schwester meines UrgrossvatersMeinrad Ospelt (1844–1934), mehrere Kleinkonfekt-Rezepte:

«Görzer Kulatschen» (S. 46), «Ochsenaugen» (S. 51), «Mailänderli» (S. 136), «Objeks» u. «Mandelkonfekt» (S. 147), «Lindauer Möcklein»(S. 148), «Totenbeinli» (S. 151).

Die «vorwiegend schweizerische Herkunft unserer Krömli» ist somit wohl etwas in Frage zu stellen.»

Dieser Hinweis zeigt, dass unsere Vorfahren ihr Wissen rund um das Weihnachtsgebäck auch aus anderen Regionen bezogen. Leider konnte nicht eruiert werden, was es mit dem Begriff «Objeks» auf sich hat. Dieser Name scheint völlig unbekannt.