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60Plus | Fokus | Juni, 2023
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Vom Drehbuch bis zum Film in Eigenregie

von Gabi Eberle

 

Sieben Dokumentar- und fünf weitere Filme in 14 Jahren haben der emeritierte Rechtsanwalt Walter Matt und Filmemacher Klaus Schädler bisher gemeinsam produziert. Während jeweils rund 60 Minuten stehen geschichtliche Ereignisse, aussergewöhnliche Menschen und Bauten als Zeitzeugen im Mittelpunkt.

Der Film «Geschichte und Geschichten zum Zollanschluss-Vertrag Schweiz- Liechtenstein … die Liechtensteiner Progatonisten» feierte am 26. März dieses Jahres im Alten Kino Vaduz vor vollen Rängen Premiere. Am 17. Juni folgt bereits der nächste: «Was war am 17.4.1943, also vor 80 Jahren im Fürstentum?» Untertitel: Warum und wie kamen die Maristenschulbrüder nach Liechtenstein? Offensichtlich hat das kreative Duo mit Triesenberger Wurzeln sprichwörtlich «das Heu auf derselben Bühne».

Sein Interesse, Altes zu bewahren – Urkunden, Gebäude, Geschehnisse, Geschichten zu historisch wegweisenden Vorkommnissen –, besondere Menschen und Abläufe in den Fokus zu rücken und öffentlich zu zeigen, ist ungebrochen.

Seit 2009 produzieren sie gemeinsam Filme für Liechtenstein, für die breite Öffentlichkeit, die nachfolgende Generation. Themenrecherche, Sammeln von Material, Entwicklung des Handlungsstrangs – Hunderte Stunden Arbeit gehen dem Endprodukt jeweils voraus. Walter Matt besitzt ein schier unerschöpfliches Wissen über Land, Leute und Geschichte Liechtensteins. Sein Interesse, Altes zu bewahren – Urkunden, Gebäude, Geschehnisse, Geschichten zu historisch wegweisenden Vorkommnissen –, besondere Menschen und Abläufe in den Fokus zu rücken und öffentlich zu zeigen, ist ungebrochen.

Er greift Themen auf, die ihn oft schon sein ganzes Leben lang beschäftigen. «Von seinem Wissen konnte und kann ich enorm profitieren», sagt Klaus Schädler über den Drehbuchautor.

Wie kamen ein Rechtsanwalt und ein Fotograf/Filmemacher zusammen?

Walter Matt: Ich lebe in Vaduz, bin mütterlicherseits aber Triesenberger und auch emotional in meiner Gedankenwelt mehr dort oben. Auf der Suche nach einem Profifotografen für Familien-Fotobücher hat mich damals jemand aus meiner grossen Verwandtschaft «am Bäärg» auf Klaus aufmerksam gemacht. Als wir uns kennenlernten, war für mich klar: Nicht irgendeiner soll es sein, sondern er. Es war wohl Bestimmung. Auch wenn wir teils kontrovers diskutieren und es auch mal laut wird, finden wir stets einen Kompromiss. Die Bilanz ist immer positiv. Ich bin ihm für seine Arbeit sehr dankbar.

Klaus Schädler: Walter bringt den intellektuellen Teil ein, ist der Kopf mit Wissen und Geschichten, ist der Macher. Ich bin der Handwerker, der Fotograf und Filmemacher, der vor allem die Geschichte optisch lebendig machen soll. Wir inspirieren uns gegenseitig. Die ersten Fotos bzw. ein Fotobuch durfte ich 2008 zu Walters 75. Geburtstag erstellen. Danach folgten Aufträge für dessen Berufs- und Geschäftsjubiläum als Rechtsanwalt und Treuhänder und eine Familiendokumentation mit vielen Bildreproduktionen. Gekannt hatte ich ihn zuvor aufgrund seines Hobbys (1976–2009) als «Schafbauer» und begegnete ihm ab und zu «Uf dr Mattla» oder im «Alpelti».

Wie entstand die Idee, gemeinsam Dokumentarfilme mit Liechtenstein-Bezug zu produzieren?

Klaus Schädler: Walter erkundigte sich, was ich als Fotograf hauptsächlich mache. So erzählte ich ihm unter anderem, dass ich in den letzten 20 Jahren zahlreiche Filmporträts von Triesenberger Seniorinnen und Senioren realisiert und noch viele Ideen für weitere Filmprojekte hätte. Walter fand die Porträt-Idee grossartig und machte spontan über die von ihm vertretene Givalda Stiftung eine zweckgebundene Anstossfinanzierung für die Gemeinde Triesenberg. In der Folge entstanden bisher 25 Seniorenporträts. Den Filmpremieren im Triesenberger Dorfsaal wohnten jeweils 300 bis 500 ZuschauerInnen bei. In der Folge kam es dann zur Zusammenarbeit bei den Filmdokumentationen.

Walter Matt: Ich war und bin zum Beispiel ein grosser Förderer der schon bald gänzlich restaurierten Burg Neu Aspermont ob Jenins in der Bündner Herrschaft. Als Mitglied im dortigen Stiftungsrat ging es mir darum, die Öffentlichkeit für dieses Projekt zu sensibilisieren. So entstand nach meinem Drehbuch in Zusammenarbeit mit Klaus der erste gemeinsame Film im Jahr 2009.

Von der Idee über das Drehbuch, die Produktion bis zur Premiere: Welche Schritte sind zu gehen?

Klaus Schädler: Bei den gemeinsam realisierten Filmen kommen die Idee und das Drehbuch jeweils von Walter. Meinerseits folgt dann das Einarbeiten in die Materie. Ich recherchiere mit, suche Illustrationsmaterial, mache die erforderlichen Filmaufnahmen, suche geeignete Sprecher und die passende Musik oder lasse diese erarbeiten, schneide und montiere das Foto- und Filmmaterial zum vorgegebenen Drehbuch respektive Sprecher-Text. Dann folgt die Nachvertonung, das Brennen der Blu-rays, die Gestaltung des Labels und der Hülle und schlussendlich die Organisation der Filmpremiere.

Verraten Sie, wie hoch der finanzielle Aufwand für einen solchen Film ist?

Klaus Schädler: Als ehemals passionierter Hobbyfotograf hat Walter Matt konkrete Vorstellungen, wie das jeweilige Thema filmisch umgesetzt werden könnte. Für den letzten Film «Geschichte und Geschichten zum Zollanschluss-Vertrag Schweiz-Liechtenstein» waren meinerseits zum Beispiel über 500 Stunden nötig. Die Kosten liegen je nach Projekt zwischen 5000 und 30 000 Franken. Eingerechnet sind dabei neben meinem Zeitaufwand, den ich zu einem sehr niedrigen Stundensatz verrechne, auch die Kosten für Sprecher, Tonstudio, Musikrechte, Material etc. Walter erarbeitet seine Drehbücher jeweils unentgeltlich.

Walter Matt verfügt über ein schier unerschöpfliches Wissen über Liechtenstein und seine Geschichte(n). Genügend Material für einen Film über seine Person wäre also vorhanden …

Klaus Schädler: Darauf wurde Walter schon verschiedentlich angesprochen – auch von mir. Seine Erfahrungen und Erlebnisse sollten unbedingt festgehalten werden. Gerne möchte ich ihm ein oder zwei Tage mit meiner Filmkamera «zuhören» und sein enormes Wissen über «Gott und die Welt», seine Erinnerungen festhalten. Gut möglich, dass wir das im Laufe dieses Sommers in Angriff nehmen. Bei unseren Treffen treten immer neue Episoden und Geschichten zutage …

Es geht spannend weiter

Zum 75-Jahr-Jubiläum des Liechtensteinischen Gymnasiums 2012 erschien der Film «Frater Ingbert Total», 2015 «s’Hagen-Huus z’Nendla» (sieben Jahre später wird die Renovation des geschichtsträchtigen Bauwerks Realität). Weiters unter anderem «ds Huus vam Chleina Madleni am Bäärg», «dr’ Schlegel-Sepp», wie schon erwähnt die Dokumentation «Geschichte und Geschichten zum Zollanschluss-Vertrag Schweiz-Liechtenstein …die Liechtensteiner Protagonisten», welcher auf sehr grosses Interesse stiess und viel Lob und Anerkennung erhielt, und Mitte Juni dieses Jahres der neueste Film über die erste Matura im Land und die Maristen, die von 1937 bis 1991 in Liechtenstein wirkten.

Die kommenden vier Monate widmet sich Klaus seinem eigenen Filmprojekt «Schule anno dazumal». Im Herbst geht es dann mit einem weiteren gemeinsamen Filmprojekt weiter: «Memento mori – leben wollen … sterben wollen … sterben müssen». Im Mittelpunkt der Dokumentation, die an Allerheiligen der Öffentlichkeit präsentiert werden soll, steht der Freitod und das Menschenrecht, das Lebensende selbst bestimmen, human sterben zu dürfen.

Spannend hört sich Walters Filmidee für Frühling 2024 an: Es soll teils Dokumentar-, teils Spielfilm werden, welcher sich mit einem der grössten Kriminalfälle der Geschichte Liechtensteins befasst. Zurzeit ist er dabei, sich in rund 4000 Seiten Dokumente einzulesen …

Persönlich: Walter Matt

Geb. 1934, Sohn des Arthur Matt und der Emmy geb. Schädler aus Triesenberg. Aufgewachsen mit zwei jüngeren Schwestern in Vaduz, ab 1946 Kollegium Marianum, 1953 Matura, 1953–1958 Uni Fribourg, Erwerb des Grades eines Licentiatus iuris utriusque (des weltlichen und kirchlichen Rechts), 1958 Gerichtspraktikum, 1960 Eintritt in die Anwaltskanzlei Dr. Alois Vogt, 1960 Gründung einer eigenen Anwalts- und Treuhandkanzlei, bis 2018 Rechtsanwalt und Treuhänder. U. a. Präsident des Anwaltsvereins, Vizepräsident des Jugendrates, während 25 Jahren juristisches Mitglied der Meliorationskommission Triesenberg, mehrere Perioden Mitglied der liecht. Bankenkommission (2 Jahre Präsident), 2 Perioden à 4 Jahre Mitglied des Verwaltungsbeschwerde-Instanz VBI, 2018 Austritt aus RAK und TRHK, seither emeritierter RA. Verheiratet mit Cecile Matt-Schmitz (1958–1999+), Wiederverheiratung mit Leni geb. Mähner (2003–2022+). Sechs Kinder (zwei Söhne 1959/2013 verstorben), 14 Enkelkinder, 5 Urenkel. In jüngeren Jahren Rennradfahrer, Bergsteiger, Ski- und Langläufer, Tennisspieler, von 1976–2009 Halter von rund 20 Heidschnuggen. Sein Herz schlägt für die Natur und das Drehbuchschreiben.

Persönlich: Klaus Schädler

Geb. 1951, gelernter Chemielaborant, Erfahrung im Eisenwarenhandel, in der Foto-/Kunststoff-Chemie sowie mit Dünnen Schichten (Balzers AG). 12 Jahre Redaktor und Pressefotograf beim «Liecht. Vaterland», Redaktor/Gestalter des Magazins «Löwenzahn» 1990/91, Erfahrung als parteiunabhängiger Gemeinderat, gesellschaftspolitisch engagierter Zeitgenosse, seit 30 Jahren selbstständiger Fotograf mit eigenem Studio und Filmemacher. Verheiratet mit Monika, 3 Kinder, 7 Enkelkinder, passionierter Tennisspieler mit dem Ziel, nach dem Gewinn des Clubmeistertitels 1980 diesen 50 Jahre später, dann in der Kategorie 75+, erneut zu erobern.