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60Plus | Horizont | Juli, 2017
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Der Fischereiverein – Advokat der Fische und Gewässer

Gastbeitrag von Rainer Kühnis, Präsident des Fischereivereins Liechtenstein

Binnenkanal Schaan: Gewässeraufwertungen fördern nebst den Fischen auch andere Tier- und Pflanzenarten.

Der Fischereiverein Liechtenstein (FVL) versteht sich als Advokat der Fische und Gewässer. Damit bringen die Fischerinnen und Fischer zum Ausdruck, dass sie nicht nur am Fang interessiert sind, sondern auch an der nachhaltigen Bewirtschaftung der Fischbestände und dem Schutz des Lebensraums Wasser. Wie komplex diese Aufgabe ist, zeigt sich in der Vielfalt der hiesigen Gewässertypen mit den unterschiedlichsten Fisch- und Krebsarten.

Eine Anglerin oder ein Angler, mit Rute in den Händen, an einem Gewässer geduldig wartend auf die nächste, hoffentlich kapitale Beute. Dieses Bild prägt die Fischerei, aber tatsächlich ist es nur ein Teil der ganzen Wahrheit. Natürlich ist der Fang das Ziel des Fischens. Daraus leitet sich aber auch das weitgefächerte Engagement des Fischereivereins Liechtenstein ab. Wer nämlich Beute machen will, muss sich nachhaltig um die Fischbestände kümmern, sich mit der Natur im Gesamten und den Gewässern im spezifischen auseinandersetzen, muss sich Wissen aneignen und dieses in geeigneter Form einbringen. Daraus resultiert, dass der Fischereiverein Liechtenstein, der 1953 gegründet wurde, viele Aufgaben rund um die Gewässer und die Fischaufzucht in Liechtenstein wahrnimmt.

Gesetzlicher Auftrag

Der FVL ist der einzige Fischereiverein in Liechtenstein. In Ruggell betreibt er eine Brutanlage, in welcher heimische Fisch- und Krebsarten durch Nachzucht gestützt werden. Die Anlage ist offiziell als Aquakulturbetrieb registriert und anerkannt. Grundvoraussetzung für diese Anerkennung ist die professionelle Führung der Anlage durch ausgewählte Mitglieder des Vereins, welche auf der Ausbildungsseite die entsprechenden Qualifikationen mitbringen. Ausserdem ist der Fischereiverein Pächter aller Gewässer im Land. Dies gibt dem Verein einerseits Nutzungsrechte und das Recht, Fischereipatente auszustellen. Andererseits sind damit auch Leistungsaufträge verbunden, wobei Gesetze und Verordnungen und die vereinseigenen Reglemente den entsprechenden Rahmen geben.

Der FVL ist der einzige Fischereiverein in Liechtenstein. In Ruggell betreibt er eine Brutanlage, in welcher heimische Fisch- und Krebsarten durch Nachzucht gestützt wer-den. Die Anlage ist offiziell als Aquakulturbetrieb registriert und anerkannt.

Im Fischereigesetz heisst es diesbezüglich, dass sämtliche Fischgewässer des Landes ein Pachtgebiet umfassen, welches als Ganzes an einen Fischereiverein verpachtet wird. Dazu muss der Pächter sicherstellen, dass sich dessen Mitglieder für den Schutz und die Aufwertung des Lebensraums einsetzen, eine nachhaltige Bewirtschaftung und Nutzung des Fischbestands gewährleistet ist und die Fischerei einer angemessenen Zahl fischereiberechtigter Personen ermöglicht wird.

Rainer Kühnis: Präsident des Fischereivereins Liechtenstein, Mitglied des Fischereibeirats der Regierung

Jedes Gewässer hat seine Bewohner

Wenn von Gewässern die Rede ist, so unterscheidet man grundsätzlich zwischen Still- und Fliessgewässern, zwischen See, Weiher, Teich, Fluss und Bach. Tatsächlich müssen aber die Gewässer anhand verschiedener Parameter viel differenzierter betrachtet werden. Dazu gehören exemplarisch der Sauerstoffgehalt, der PH-Wert, Trübung und Temperatur, der Gehalt und die Zusammensetzung der Nährstoffe, Schadstoffe etc. und die Morphologie. Letztere umschreibt die Struktur eines Gewässerkörpers wie unter anderem die Beschaffenheit der Sohle und des Ufers, die Durchgängigkeit oder den Verbauungsgrad. Diese verschiedenen Konstanten haben einen direkten Einfluss auf die Bewohner des Gewässers. So sind beispielsweise sowohl Forellen als auch Karpfen Fische, beide haben aber ganz unterschiedliche Lebensgewohnheiten und Ansprüche an ein Gewässer. Während die Forelle den kühlen Bach liebt, gesättigt mit Sauerstoff, versehen mit Kiesgrund, Kaskaden und Turbulenzen, bevorzugt der Karpfen das ruhige Stillgewässer. Er wühlt im schlammigen Untergrund und die Kälte ist so gar nicht seins. Daraus resultiert, dass Gewässer auch direkt in Verbindung mit ihren Bewohnern kategorisiert werden, man spricht dann unter anderem von der Forellen-, der Äschen oder auch der Barbenregion.

Gewässertypen in Liechtenstein

Die Liechtensteiner singen in der Landeshymne «Oben am jungen Rhein…», und erweisen damit unserem bedeutendsten Fluss grosse Ehre. Aber nicht nur der Fluss, sondern ganz viele verschiedene Gewässertypen machen unser Land auch aus fischereilicher Sicht reich.

Wenn wir die Fliessgewässer betrachten, sprechen wir auf unserem Landesgebiet von den Giessen, den Riet- sowie den Hang- und Gebirgsbächen. Ebenfalls zählen die Rüfen im weitesten Sinne dazu. Die beiden wichtigsten Fliessgewässer sind der Rhein und der Binnenkanal, welche durch das ganze Land ziehen. Aber auch Stillgewässer sind auf unseren 160 km2 zu finden: Tümpel, Teiche und Weiher. Per Definition hat Liechtenstein streng genommen keine Seen, denn diese haben eine lichtlose Tiefenschicht mit einer Temperaturschichtung. Trotzdem reden wir umgangssprachlich vom Gampriner Seelein oder den Heilos Seen in Triesen.

Durch Fangbeschränkungen sowie Gewässeraufwertungen ist die Äsche öfters anzutreffen.

Wer ist wo zuhause?

Eingangs erwähnte Person, die sich mit der Angel aufmacht, um nach Beute Ausschau zu halten, tut gut daran, etwas über die Gewässer zu wissen. Damit sie seine Köder – welche je nach Fischart anders ausfallen – dem richtigen Fisch präsentiert, muss sie wissen, wer wo zuhause ist. Wir haben ja bereits festgestellt, dass der Karpfenköder im kalten Gebirgsbach keine Ergebnisse bringen wird. Wichtig ist natürlich immer die Frage, ob in einem Gewässer überhaupt gefischt werden darf. Denn vielerorts ist es aus Schutzgründen oder zu bestimmten Zeiten nicht erlaubt zu fischen.

In den Hang- und Gebirgsbächen, die meist ein sehr starkes Gefälle, und damit auch viel Dynamik und hohe Strömungsgeschwindigkeiten vorweisen, sind nur Bachforellen zuhause. Populationen davon finden sich in der Samina, im Valünabach und im Valorschbach.

Eines der typischsten Gewässer bei uns sind die Giessen. Oft landschaftlich wunderbar eingebettet, charakterisiert sie, dass sie sommerkalt und winterwarm sind. Die Giessen werden durch klares Grundwasser gespeist und bilden einen sehr attraktiven Lebensraum für forellenartige Fische und Groppen. Giessen verfügen über einen Kiesgrund, welcher von der heimischen Bachforelle für die Verlaichung dringend benötigt wird. Durch die Kiesentnahmen aus dem Alpenrhein bis in die 1970er Jahre sank der regionale Grundwasserpegel stark ab und die meisten Giessen müssen seither künstlich bewässert werden.

Einen deutlich anderen Charakter weisen die Rietbäche auf. Sie erwärmen sich im Sommer oft bis über 20°C und kühlen im Winter stark ab, sind also sommerwarm und winterkalt. Torf bildet oft den Umgebungsrahmen des Rietbachs, wodurch sich auch das Wasser bräunlich färbt. Karpfenartige und Weissfische wie die Elritze oder der Döbel fühlen sich in diesem Gewässertyp besonders wohl, aber auch die geschützten Flusskrebse sind hier in grosser Zahl zu finden.

Landschaft prägt Gewässer

In den Hang- und Gebirgsbächen, die meist ein sehr starkes Gefälle, und damit auch viel Dynamik und hohe Strömungsgeschwindigkeiten vorweisen, sind nur Bachforellen zuhause. Populationen davon finden sich in der Samina, im Valünabach und im Valorschbach.

Das aus fischreicher Sicht wohl artenreichste Gewässer ist der Binnenkanal, der auf der gesamten Länge unterschiedliche Strukturen aufweist und damit auch eine entsprechende Vielfalt verspricht. Aktuell werden im Binnenkanal über 17 Fischarten gezählt, eine Zahl, die direkt mit den grossen Anstrengungen von Land, Gemeinden, Behörden, Umweltorganisationen und dem Fischereiverein zusammenhängt. Deren Einsatz zur Verbesserung der Gewässer und die niveaugleiche Anbindung des Binnenkanals an den Rhein waren Voraussetzung für diese Artenvielfalt.

Nicht ganz so erbaulich präsentiert sich der Alpenrhein. Die Wasserkraftwerke im oberen Bereich des Rheins sind dafür verantwortlich, dass sich der Wasserspiegel parallel zum Strompreis täglich mehrfach bis zu einem Meter hebt und senkt. Man spricht hierbei von Schwall und Sunk. Dies hat zur Folge, dass enorme Kräfte auf den Gewässergrund wirken, was starkes Geschiebe und eine entsprechende Trübung des Wassers bedeutet. Ausserdem liegen bestimmte Bereiche des Gewässers immer wieder trocken, um kurz danach wieder sehr stark überspült zu werden. Das hat natürlich Auswirkungen auf die Lebewesen im Alpenrhein. Von ehemals 30 Fischarten werden heute gerade noch ca. 12 Arten gezählt. Die Bestände dieser 12 Arten sind dabei als sehr gering einzuschätzen. Man muss traurig festhalten, dass der Rhein für die Fische heute nur noch eine Transitstrecke zwischen Bodensee und den vielen Zuflüssen ist.

Gewässer verbessern – Durchgängigkeit sicherstellen

Viele unserer Gewässer wurden in der Vergangenheit stark durch die Menschenhand geprägt, verbaut und kanalisiert. Heute gilt es, durch geeignete Massnahmen diese Lebensräume wieder zu verbessern. Verschiedene grössere und kleinere Renaturierungs- und Revitalisierungsmassnahmen legen Zeugnis über diese wichtige Tätigkeit ab. Der FVL beteiligt sich an dieser verantwortungsvollen Arbeit nicht mit der Absicht, die Fangchancen für die Angler zu erhöhen, sondern aus der grundsätzlichen Überzeugung, der Natur dieses Tun zu schulden. Schliesslich sieht er sich als Advokat der Fische und Gewässer.

Eine der jüngsten Erfolgsmeldungen, die diese jahrzehntelangen Bemühungen bestärkt, ist das Wiederauftauchen der Fischart «Nase» in der Esche. Über mehrere Jahrzehnte war diese heimische Art nicht mehr gesichtet worden. Im Frühjahr 2017 entdeckte man 40–50 laichende Nasen, was einer kleinen Sensation gleichkommt. Die nötigen Voraussetzungen dazu waren einerseits die Verbesserung der Wasserqualität, was durch die ARA in Bendern erreicht wurde, die Aufwertung des Lebensraums Wasser und vor allem auch das Entfernen sämtlicher Wanderhindernisse. Die Nase, welche jeweils im April für wenige Tage zur Fortpflanzung vom Alpenrhein in die Esche aufsteigt, ist auf hindernisfreie und vernetzte Gewässer angewiesen.

Die Rotfeder ist Fisch des Jahres

Die Wahl der Rotfeder als Fisch des Jahres wurde anlässlich des traditionellen Fischessens des FVL am 5. November 2016 durch ehem. Regierungsrätin Marlies Amann-Marxer bekannt gegeben. Die Rotfeder ist mehr Futter für grosse Raubfische, denn Beute für Angler. Die Rotfeder ist in der Regel 20–30 cm lang, wiegt 250 bis 300 Gramm. Sie hat einen hochrückigen und seitlich abgeflachten Körper. Charakteristisch und namensgebend sind die leuchtend roten Flossen. Sie gehört zur Familie der Karpfenartigen und kommt in Liechtenstein im Binzaweiher in Mauren, im Gampriner Seelein und vor allem im Ruggeller Riet vor.

Charakteristisch und namensgebend sind die leuchtend roten Flossen. Die Rotfeder gehört zur Familie der Karpfenartigen und kommt in Liechtenstein im Binzaweiher in Mauren, im Gampriner Seelein und vor allem im Ruggeller Riet vor.

Die Nase

Es ist noch nicht lange her, als man im gesamten Rheintal nur noch um die 50 erwachsene Tiere der karpfenartigen Nase zählte. Umso erfreulicher ist die vor Ostern im Unterland gemachte Entdeckung: Es laichen in Liechtenstein erstmals seit Jahrzehnten wieder um die 40–50 Nasen. Diese Fischart gilt in Liechtenstein und der Schweiz als vom Aussterben bedroht. Ihren Namen trägt sie wegen der stumpfen Kopfspitze, die wie eine Nase aussieht. Sie steigt als ausgeprägter Wanderfisch im April für wenige Tage zum Laichgeschäft in die Nebenflüsse und Bäche des Alpenrheins auf.