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60Plus | Im Blickpunkt | März, 2018
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Denkmalpflege – Schaan voran

von Marcus Büchel

Nach einer unaufhaltbar scheinenden Phase des Abbruchs von Baudenkmälern (wir berichteten darüber), konnten in jüngster Zeit Passanten und Besucher in Schaan mitverfolgen, wie nach und nach mehrere historische Gebäude einer Renovierung unterzogen wurden. Bei zwei Häusern sind die Renovationsarbeiten bereits abgeschlossen worden. Nun erstrahlen sie an prominenter Lage in neuem Glanz und  verschönern das Ortsbild. Während Eschen konsequent den Rückbau seiner Baudenkmäler betreibt, zeichnet sich in Schaan eine überraschende Wende ab. Wir haben mit dem Schaaner Vorsteher Daniel Hilti darüber gesprochen.

Ich war vor vier Jahren das letzte Mal bei Ihnen zu einem Interview. Der Anlass damals war, dass einiges an alter Bausubstanz abgerissen worden war. Der Anlass für dieses Gespräch ist ein erfreulicher; Schaan ist es in jüngster Zeit gelungen, zukünftigen Generationen vier historische Gebäude zu erhalten: Das sogenannte Bierhüsle an der Feldkircherstrasse ist jüngst renoviert worden und ebenso das nur wenige hundert Meter entfernte bedeutende Anderle-Hus aus dem 16. Jahrhundert. Ein weiteres historisches Gebäude an der Sankt-Peter-Kreuzung wird soeben aufwendig saniert und bei der hundertjährigen Villa Elsa an der Kirchstrasse besteht der Plan dazu. Weniger sichtbar, aber im gleichen Atemzug zu nennen, ist im Zentrum der alte Gewölbekeller im Haus Ritter. Dieser schöne Keller ist seit der Renovation zum Glück öffentlich zugänglich, da die Familie dort kürzlich eine Weinbar eröffnet hat. Drei dieser Objekte stehen im Privatbesitz, zwei im Eigentum der Gemeinde.

Oben: Vorsteher Daniel Hilti

Hat es Ihrer Meinung nach seit 2014 einen Einstellungswandel in Schaan gegeben? Wird der Wert des kulturellen Bauerbes nun besser erkannt und mehr Gewicht auf dessen Erhalt gelegt?

DH: Das ist eine schwierige Frage. Die Einstellung hat sich ja nicht grundlegend geändert. Ich meine, es wurde vorher schon saniert – beispielsweise s‘Landweibels. Und das Anderle-Hus war in den letzten Jahren eigentlich das einzige, bei dem die Gemeinde eine Sanierungsmöglichkeit gehabt hat.  Das zweite Objekt, die Villa an der Kirchstrasse 5, hat die Gemeinde erst letztes Jahr gekauft, um es zu sanieren. Wir sind der Überzeugung, dass dies ein sehr passendes Gebäude ist, direkt bei der Kirche und mit einem bedeutenden Pendant vis-à-vis der Strasse. Es bedurfte mehrjähriger Anstrengungen, bis wir das Haus übernehmen durften. Wir haben jetzt auch das Glück, dass wir mit der CIPRA einen idealen Mieter haben, der das Haus nachhaltig sanieren wird. Somit sind wir sehr zufrieden. Und dasselbe gilt für das Anderle-Hus. Es ist das allerletzte Haus im Eigentum der Gemeinde, welches auf eine jahrhundertelange Geschichte zurückblicken kann. Dieses Anwesen befand sich in einem ganz, ganz schlechten Zustand. An und für sich wäre es ein Abbruchobjekt gewesen. Wir haben aber sehr viel Zeit und Geld investiert, um das Wenige an Substanz, das man erhalten konnte, als Zeitzeuge zukünftigen Generationen zu überliefern. Und auch im Anderle-Hus haben wir sehr gute Mieter, die das Haus langfristig nutzen werden.

Im Interview 2014 haben Sie angekündigt, dass das Anderle-Hus renoviert werden wird. Dieses Gebäude steht ja auf einem markanten Platz, so dass jeder, der nach Schaan fährt, feststellen wird, dass der Plan nunmehr verwirklicht worden ist. Die Gemeinde war nicht nur Bauherr, sondern sie hatte auch die Leitung beim Umbau inne. Gab es eine Zusammenarbeit mit dem Denkmalschutz?

DH: Nein. Ursprünglich hatten wir zwar die Idee, das ganze Projekt zusammen mit dem Denkmalschutz durchzuführen. Für uns war aber wichtig, dass wir frei waren bezüglich Schopf, welcher ans Hauptgebäude angebaut war. Diesen wollten wir nicht erhalten, sondern wir wollten an dessen Stelle einen neuen Bauteil errichten. Und das war nicht im Sinne des Denkmalschutzes. Deshalb haben wir ohne den Denkmalschutz umgebaut und wir werden die Liegenschaft auch nicht unter Schutz stellen lassen.

Das heisst wohl auch, es ist ohne Förderung von Seiten des Landes renoviert worden?

DH: Das ist zutreffend; es gab keine Förderung von Seiten des Landes. Dessen waren wir uns auch immer bewusst. Wie gesagt, es ist am vorderen Gebäudeteil das, was man noch erhalten konnte, erhalten geblieben. Der Denkmalschutz hätte mehr verlangt.

Ich nehme aber an, dass die Gemeinde andere Experten für eine sachgerechte Renovierung beigezogen hat.

DH: Ja, natürlich. Der Architekt selber ist mit dieser Materie sehr vertraut; und wir haben Spezialisten für historische Gebäude beigezogen. Zudem haben wir verschiedene Gutachten eingeholt, um das Projekt abzusichern. Insgesamt haben wir sehr viel Aufwand betrieben, um die alte Bausubstanz fachgerecht zu erhalten.

Uns als Gemeinde war es wichtig, dass man das Haus auch nutzen kann. Hätten wir etwa die ursprünglich sehr niedrigen Raumhöhen beibehalten, wäre das sanierte Gebäude eigentlich nur für ein Museum nutzbar gewesen. 

Für den Betrachter bietet das Anderle-Hus von aussen einen freudvollen Anblick. Es ist eine wahre Zierde, und es markiert den Beginn des Zentrums.

DH: Uns als Gemeinde war es wichtig, dass man das Haus auch nutzen kann. Hätten wir etwa die ursprünglich sehr niedrigen Raumhöhen beibehalten, wäre das sanierte Gebäude eigentlich nur für ein Museum nutzbar gewesen. Das wollten wir nicht, denn diesen Bereich haben wir abgedeckt. Wir wollten das Gebäude erhalten, aber um es nutzen zu können, mussten wir Kompromisse eingehen. Diese entsprachen nicht mehr dem reinen Schutzgedanken. Und deshalb haben wir es auch alleine gemacht.

Privatsache: Das Bierhüsle in frischem Kleid vorbildlich renoviert

Das Projekt Sanierung Anderle-Hus steht nicht isoliert im Raum?

DH: Das Anderle-Hus gehört zu einer Gruppe ansehnlicher alter Häuser, die, an der Hauptstrasse gelegen, das Bild von Schaan prägen. Zu dieser Gruppe gehören das Hilty-Anwesen, schräg gegenüber vom Gasthaus Rössle, sowie das historische Ritter-Haus8 im Zentrum. Unser primäres Ziel war es, das Anderle-Hus zu erhalten, dann aber auch, es auf die anderen Gebäude abzustimmen. Das Anderle-Hus war im Kern eher klein. Durch die Zubauten entspricht es nun den Grössenverhältnissen der anderen. Es war uns wichtig, eine Beziehung zwischen diesen markanten Bauten herzustellen.

 Ich denke, dieser wollte gar keine Förderung. Er wollte das Bierhüsle in Eigenregie wieder so herrichten, wie es einmal war. 

Meines Wissens wurde bei den drei privaten Renovationsprojekten ebenfalls keine Denkmalschutzförderung in Anspruch genommen. Ist Ihnen bekannt, warum die Privaten keine staatlichen Mittel in Anspruch genommen haben und ist es Zufall, dass sich Gemeinde und Private gleichzeitig bei der Renovierung von Altbauten engagieren oder handelt es sich um eine konzertierte Aktion?

DH: Es war keine konzertierte Aktion, sondern es kam eher zufällig so. Beispielsweise beim Eigentümer des Bierhüsle, den ich kenne. Ich denke, dieser wollte gar keine Förderung. Er wollte das Bierhüsle in Eigenregie wieder so herrichten, wie es einmal war. Dazu hat er auch Forschungen bis weit zurück betrieben. Das ganze Projekt hat er aus seinem ureigenen Interesse gemacht. Der Besitzer hat nun einen riesigen Plausch mit dem ganzen Gebäude.

Und beim Haus an der St.-Peter-Kreuzung ist der Fall, glaube ich, ähnlich gelagert. Die Eigentümer renovieren aus eigenem Antrieb. Sie schätzen das Haus: Es ist das Elternhaus, welches von der Familie bereits bewohnt wird.

Schauen wir in die Zukunft. Gibt es noch weitere Vorhaben in die Richtung Erhalt von Kulturgütern im Sinne historischer Gebäude?

DH: Im Moment haben wir noch die Diskussion rund um den Torkel in der Obergass. Das ist aber ein schwieriges Thema. Wir haben dort verschiedene Vorschläge gemacht, wie sich die Gemeinde einbringen könnte, das Land hat ebenfalls seine Vorschläge eingebracht. Von der Eigentümerseite  her besteht wenig Interesse, den Torkel zu erhalten. Dort gilt es also noch Überzeugungsarbeit zu leisten. Ansonsten ist bezüglich Altbausanierung derzeit nichts Weiteres vorgesehen, weil nicht mehr viel da ist.

Derzeit gibt es Bauabsichten im Schmedgässle. Dort werden wir darum besorgt sein, dass die Gebäude nicht einfach abgerissen werden, sondern in ihrer heutigen Form erhalten bleiben. 

Anders schaut es beim Ortsbildschutz aus. Wir haben vermutlich als einzige Gemeinde einen verbindlichen Ortsbildschutz erlassen. Das gesamte Gebiet Specki unterliegt dem Ensembleschutz. Derzeit gibt es Bauabsichten im Schmedgässle. Dort werden wir darum besorgt sein, dass die Gebäude nicht einfach abgerissen werden, sondern in ihrer heutigen Form erhalten bleiben. Wenn man sich die Speckianschaut, wird man erkennen, dass dort viel investiert wurde. Die Specki ist eigentlich wieder so, wie sie einmal gewesen ist. Wir wollen uns auch beim letzten Neubau, der dort erstellt werden wird, im Sinne des Erhalts des ortsplanerischen Gesamtbildes einbringen. Wenn uns das gelingt, wird die Specki ein Bijou.

Gemeindesache: Das Anderle-Hus mit Zubau nach der Renovierung 

Beim letzten Interview habe ich bereits die Situation des Gebäudes südlichbenachbart s’Landweibls angesprochen. Damals bestand keine Aussicht, dass dieses schöne historische Gebäude, renoviert werden würde. Wie ist hier der Stand der Dinge?

DH: Das Haus befindet sich in Privatbesitz. Ob dort irgendwelche Sanierungsabsichten bestehen, ist mir nicht bekannt.

Herr Vorsteher, danke für das Gespräch.