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60Plus | Horizont | Oktober, 2021
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Die Coronakrise und die 60plus Generation

Die Coronakrise hat die Welt, und dazu gehören auch die Schweiz und Liechtenstein, seit bald zwei Jahren fest im Griff. Wir in Liechtenstein sind bisher dank der klugen Politik der Regierung gut durch diese Pandemie gekommen. Die ältere Generation in Liechtenstein war und ist besonders gefährdet und betroffen. Sie wurde daher als eine der ersten Gruppen geimpft, um sich vor Corona zu schützen.

Wir haben mit Gesundheitsminister Manuel Frick ein Interview geführt. Seine Antworten auf unsere Fragen dürften für die Leserinnen und Leser von 60PLUS von besonderem Interesse sein: 

Wie beurteilen Sie die Gesamtsituation in Liechtenstein? 

Manuel Frick: Grundsätzlich steht Liechtenstein derzeit nicht schlecht da. Die Fallzahlen sind zwar nach den Sommerferien angestiegen, sind aber derzeit nicht in einem Besorgnis erregenden Bereich. Nach wie vor angespannt ist die Situation in den Schweizer Intensivstationen, auf welche Liechtenstein angewiesen ist. Die Impfquote dürfte generell zwar höher sein. Die Tatsache, dass aktuell [Stand 26.09.2021] 62 Prozent der Bevölkerung einmal und 58 Prozent vollständig geimpft sind, gibt aber doch einen gewissen Handlungsspielraum.

Wenn Sie die 60PLUS Generation betrachten: Wieviel Prozent dieser Gruppe wurden geimpft und wie hat sich das ausgewirkt? 

Umso höher das Alter, desto höher die Impfbereitschaft: Bei den über 80-Jährigen sind 90 Prozent der Einwohnerinnen und Einwohner zumindest einmal geimpft, bei den 70- bis 79-Jährigen 88 Prozent und bei den 60- bis 69-Jährigen 78 Prozent. Personen ab 65 Jahren wurden bei der Bereitstellung von Impfungen im Frühling privilegiert berücksichtigt, da die Erfahrung gezeigt hat, dass sie für schwere oder gar tödliche Verläufe besonders anfällig sind. Die hohe Impfquote in diesen Altersklassen hat dementsprechend für eine Entspannung gesorgt, die aber mit Vorsicht zu geniessen ist: In der jüngsten Welle sehen wir einen Anstieg von Hospitalisierungen in den jüngeren Altersklassen, wie erwartet praktisch ausnahmlos beschränkt auf Ungeimpfte.

Ist davon auszugehen, dass sich die Situation im Winter verschlechtern wird? Wird es dann wieder zu strengeren Massnahmen oder sogar zu Lockdowns kommen? 

Rein saisonal betrachtet und aufgrund der Dominanz der ansteckenderen Delta-Variante ist mit höheren Ansteckungszahlen im Herbst und Winter zu rechnen. Die Pandemie hat uns gelehrt, dass man mit Prognosen vorsichtig sein sollte. Angesichts der aktuellen Ausgangslage kann ich mir aber erneute Schliessungen nur schwer vorstellen. Mit der Zertifikatspflicht haben wir ein Instrument in der Hand, um dem geimpften Teil der Bevölkerung sowie genesenen Personen ein weitgehend normales Leben zu ermöglichen. Alle anderen können den Zutritt zu zertifikatspflichtigen Institutionen mit Tests erlangen.

Wird die ältere Generation noch in diesem Jahr eine dritte Impfung bekommen und wann wird das sein? Die ersten beiden Impfungen liegen ja bereits sieben oder acht Monate zurück! 

Wie so vieles in Bezug auf Covid-19 ist auch diese Frage Gegenstand intensiver wissenschaftlicher Forschung. Aktuell gehe ich nicht davon aus, dass es früher als 12 Monate nach der Zweitimpfung eine dritte Impfung braucht, eine Nachimpfung in diesem Jahr ist also derzeit kein Thema. Ob und für welche Personengruppen es im Frühjahr 2022 Drittimpfungen braucht, wird sich noch weisen müssen.

Können die 60PLUS Generation und die Risikopersonen, die zweimal geimpft sind, heute wieder ein normales Leben führen wie vor der Pandemie oder müssen sich diese weiter an die von der Regierung vorgegebenen Schutzmassnahmen halten? 

Für vollständig Geimpfte ist ein weitgehend normales Leben wieder möglich. Aufgrund der Tatsache, dass Impfungen aber nie zu 100 Prozent schützen können und dass sich die Ausgangslage mit der hoch ansteckenden Delta-Variante geändert hat, wird aber trotzdem empfohlen, dass sich auch vollständig Geimpfte an die Hygienemassnahmen halten. Auch Geimpfte sollten zudem Covid-19-typische Symptome ernst nehmen und sich testen lassen.

Was muss passieren, damit wir alle wieder ein normales Leben führen können, ohne Masken und ohne besondere Vorsichtsmassnahmen, um sich vor Corona zu schützen? 

Aus meiner Sicht ist eine Rückkehr in die Normalität nur durch Herdenimmunität zu erreichen, sprich durch eine genügend hohe Quote von geimpften oder genesenen Personen, die verhindert, dass das Virus zirkulieren kann. Der deutsche Gesundheitsminister Jens Spahn hat kürzlich in einem Interview gesagt, er rechne mit einem Ende der Pandemie im Frühling 2022, weil dann der überwiegende Grossteil der Bevölkerung über Impfung oder Infektion mit dem Virus in Kontakt gekommen ist – nach über eineinhalb Jahren im Pandemie-Modus eine gute Perspektive.

 

Manuel Frick ist seit dem 25. März 2021 als Regierungsrat zuständig für Gesellschaft und Kultur. Er stammt aus Balzers, ist verheiratet und hat ein Kind. Nach dem Studium der Politikwissenschaften, der Volkswirtschaft und des Europarechts an den Universitäten Bern und Bologna führte ihn seine berufliche Laufbahn ins Amt für Auswärtige Angelegenheiten. Unter anderem war er als Stellvertretender Ständiger Vertreter beim Europarat in Strassburg tätig. Von 2017 bis 2020 arbeitete er als Kundenberater bei einer liechtensteinischen Bank, bevor er Generalsekretär des damaligen Ministeriums für Gesellschaft wurde.