zurück
60Plus | Gesundheit | März, 2024
A A

Gesunder Darm, gesunder Körper!

von Lukas Hinterhuber

Eine gesunde Verdauung ist immens wichtig für unser Wohlbefinden. Die Darmflora beeinflusst nicht nur die Verdauung – sie könnte, wie neue Untersuchungen zeigen, bei Krankheiten wie Depression, Parkinson, Autismus oder Multiple Sklerose eine Rolle spielen. Was steckt dahinter?

Darm und Gehirn sind verbunden

Das Mikrobiom setzt sich aus schätzungsweise 1000 verschiedenen Arten von Darmbakterien zusammen, die in den Wänden des Darms und im Darminhalt siedeln. Dabei kommuniziert der Darm sogar mit dem Gehirn. Durch den Vagusnerv sind Darm und Hirn direkt miteinander verbunden.

Antibiotika schädigen das Mikrobiom

Sowohl Krankheitserreger als auch Antibiotika schädigen das Mikrobiom. Bekommt ein Kind Antibiotika, kann sich das auf das Mikrobiom im Erwachsenenalter auswirken. Auch Kaiserschnittkinder haben laut Studien ein weniger abwechslungsreiches Mikrobiom. Der Grund: Sie kommen bei der Geburt nicht mit dem Vaginalschleim der Mutter in Berührung, der für ein gutes Mikrobiom-Starter-Kit sorgt.

Depressive Menschen haben ein verändertes Mikrobiom

Neben diesen Faktoren bestimmt zudem die Ernährung das Gleichgewicht des Mikrobioms: Zu viel Zucker, Fett und Alkohol wirkt sich ungünstig aus.

Jeroen Raes von der Katholieke Universiteit Leuven wertete die Daten von 1.054 Belgiern aus, die unter Depressionen litten. So stellte er einen Zusammenhang zwischen der Krankheit und einer verringerten Keimzahl von bestimmten Bakterien fest (1.).

Ausblick

Aktuell gibt es keine Medikamente, die das Mikrobiom des Darmes entscheidend verbessern. Mit der richtigen Lebensweise und Ernährung kann man jedoch wesentlich dazu beitragen. Tipps dazu sind in der Infobox zusammengefasst.

Ist das Mikrobiom dauerhaft geschädigt, braucht es mitunter aber mehr als gesunde Ernährung – die Zuführung von Bakterien wird zum Beispiel in Form von Stuhltransplantationen durchgeführt. Dabei wird Patienten der Stuhl eines gesunden Menschen verabreicht – aufbereitet als Einlauf oder Kapseln. Ein etabliertes Verfahren, um beispielsweise Clostridium difficile erfolgreich zu behandeln.

Heilmethoden dieser Art eröffnen ein völlig neues Feld in der Medizin, in der nicht Symptome behandelt, sondern Bakterien verabreicht werden, damit das sich regenerierende Mikrobiom Krankheiten lindert. Vor allem in Bezug auf die Psyche soll künftig die Gabe sogenannter Psychobiotika helfen: Jene Bakterien, deren Mangel Krankheiten wie Depressionen auslöst, könnten so als Medikament verabreicht werden.

Wäre es nicht schön, wenn sich Krankheiten, die bisher mit Psychopharmaka, Kortison oder anderen Medikamenten therapiert werden, künftig mit aufbereiteten Darmbakterien behandeln liessen?

Tipps für einen gesunden Darm

  • ballaststoffreich essen, frisches Obst und Gemüse
  • reichlich trinken und Schadstoffe ausscheiden
  • gesunde Darmflora durch ausreichend Bewegung
    Bewegung regt den Stoffwechsel und die Darmtätigkeit an.
  • Stress schadet der Darmgesundheit
    Stress kann Unruhe in den Verdauungstrakt bringen. Ausreichend Schlaf hilft dem Körper besser mit Belastungen umzugehen.
  • Verzicht auf Fertiges, Zucker und Fettiges
    Fertigprodukte beinhalten oft Zusatzstoffe, die nicht jeder verträgt.
  • nur so viel essen wie nötig
    Wenn es schmeckt, isst man gerne mal mehr als nötig. Das bedeutet jedoch mehr Arbeit für den Darm.
  • Probiotika
    Probiotika helfen, das gesunde Gleichgewicht im Darm aufrechtzuerhalten. Sie finden sind in Kefir, Naturjoghurt, Apfelessig, Miso, Kombucha, Kimchi und Sauerkraut.
  • Antibiotika
    Nach einer Antibiotika-Therapie dauert es bis zu einem halben Jahr, bis sich der Darm wieder regeneriert hat.

Lukas Hinterhuber ist Facharzt für Innere Medizin und Facharzt für Geriatrie. Sein Themenschwerpunkte sind neben der Geriatrie die Gastroenterologie und die Ernährungsmedizin. Er arbeitet am Landesspital in Vaduz als Leiter der Abteilung für Akutgeriatrie sowie in einer Praxis in Tirol.

1) The Leuven Student Microbiome Project – a longitudinal analysis of gut microbiome predictors of depression and suicidality