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60Plus | Fokus | Juni, 2025
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Immobilie vererben in Liechtenstein

Frühzeitig alles geregelt zu haben, gibt ein gutes Gefühl.
von Gabi Eberle

Wenn es um Immobilien geht, sind häufig grosse Vermögenswerte und viele Emotionen im Spiel. Beim Vererben gibt es daher einige Herausforderungen, die zu beachten sind: Wie viel Wert hat mein Objekt? An welches Kind soll ich meine Immobilie übergeben? Soll die Übergabe zu Lebzeiten oder erst im Todesfall geschehen? Was besagt das Erbrecht? 60Plus hat sich bei Florian Büchel, JWT Immobilien AG, Vaduz, ausführlich informiert.

Grundsätze des Erbrechts in Liechtenstein

Das liechtensteinische Erbrecht ist von zwei Grundsätzen, nämlich dem Grundsatz der Testierfreiheit einerseits und dem der Familienerbfolge andererseits, beherrscht. Der Grundsatz der Testierfreiheit besagt, dass der Nachlass an diejenige Person(en) gelangen soll, welche der Erblasser selbst in einer letztwilligen Verfügung als seinen «Nachfolger» ausgewählt hat. Aus dem Grundsatz der Familienerbfolge ergibt sich, dass die nächsten Angehörigen nicht leer ausgehen sollen.

Zusätzlich wird der Wert noch von weiteren Kriterien wie beispielsweise der Nachfragesituation, Grösse, Zustand, Potenzial und einiger weiterer Eigenschaften beeinflusst.

Wie viel ist die Immobilie wert?

Bevor eine Immobilie übertragen wird, sollte ihr Wert von einer fachkundigen Person ermittelt werden. Einer der wichtigsten Faktoren in der Wertermittlung ist die Lage. Zusätzlich wird der Wert noch von weiteren Kriterien wie beispielsweise der Nachfragesituation, Grösse, Zustand, Potenzial und einiger weiterer Eigenschaften beeinflusst. Mit der Immobilienbewertung wird die Grundlage für eine faire Verteilung geschaffen.

Konflikte unter den Erben vermeiden

Die Kommunikation innerhalb der Familie ist entscheidend. Alle Beteiligten sollten miteinander sprechen, um die jeweiligen Wünsche, Bedenken und Erwartungen zu verstehen und so Konflikte zu vermeiden. Es gilt dabei auch zu klären, wie die vorhandene Liegenschaft genutzt werden soll: Vermieten, verkaufen, selbst nutzen oder anderweitig nutzen? Wurde eine Lösung gefunden, können die Eltern die Immobilie bereits zu Lebzeiten einem Nachkommen überlassen. Dies gilt dann sehr häufig als Erbvorbezug. Das bedeutet, dass sich dieser Nachkomme den Wert der Immobilie bei der Erbteilung an seinen Erbteil anrechnen lassen und gegenüber seinen Geschwistern ausgleichen muss. Solche Ausgleichszahlungen sind einerseits für Geschwister nicht immer einfach zu stemmen und andererseits können sie eine Grundstücksgewinnsteuer auslösen. Die Übergabe der Liegenschaft ins Miteigentum mehrerer Nachfolger stellt in der Praxis immer wieder eine herausfordernde Situation mit Konfliktpotenzial dar. Unter Einbezug aller Faktoren kann daher auch ein Verkauf der Immobilie eine zielführende Lösung sein.

Immobilie weitergeben, aber noch wohnen bleiben

Möchten die Eltern die Immobilie bereits an ein oder mehrere Kinder überschreiben, jedoch im Objekt wohnen bleiben, ist dies mittels Wohnrecht möglich. Die Eltern wären dann Inhaber des Wohnrechtes und dürfen die Liegenschaft weiterhin (selbst) nutzen. Ähnlich wie als Mieter kommen sie für den gewöhnlichen Unterhalt, insbesondere für die regelmässige Reinigung und Reparaturen auf. Dem gegenüber steht die Nutzniessung. Der Nutzniesser hat mehr Rechte, jedoch auch mehr Pflichten als der Inhaber eines Wohnrechts. Beispielsweise kann er die Immobilie auch vermieten und die Mieterträge stehen ihm zu.

Altersgerechte Wohnung beziehen

Wie die Daten der letzten Volkszählung in Liechtenstein zeigen, ist die Wohneigentumsquote in der Altersgruppe der 65–84-Jährigen am höchsten. Rund 60 % dieser Altersgruppe besitzen Eigentum. Die Generation 65+ hat mit 77 m2 Wohnfläche pro Person mehr Platz als alle anderen Einwohner des Landes. Jungen Familien ist es aufgrund der finanziellen Gegebenheiten vielfach nicht möglich, das klassische Einfamilienhaus mit Garten zu erwerben. Da kommt die Frage auf, ob es für die Eltern vorstellbar ist, das Einfamilienhaus mit leeren Kinderzimmern und Garten bereits frühzeitig an einen Nachkommen zu übergeben und für sich selbst eine altersgerechte Wohnung zu kaufen oder zu mieten. Oft ist es jedoch – zu Recht – eine Herausforderung, das Langezeit selbstbewohnte und vielleicht sogar selbst erbaute Heim aufzugeben und in eine kleinere Wohnung umzuziehen.

Durch eine offene Kommunikation mit den Nachkommen lassen sich Konflikte unter den Erben vermeiden.

Fazit

Die Nachlassplanung geht, insbesondere wenn eine Immobilie involviert ist, deutlich über die Abfassung eines Testaments hinaus. Für die Ermittlung des Marktwertes einer Immobilie empfiehlt sich das Beiziehen einer neutralen Fachperson. Durch eine offene Kommunikation mit den Nachkommen lassen sich Konflikte unter den Erben vermeiden. Dies gilt unabhängig davon, ob die Immobilie zu Lebzeiten weitergegeben, verkauft oder im Testament festgehalten wird, wer von den Nachkommen die Liegenschaft dereinst erhalten soll. Die Pflichtteile dürfen nicht verletzt und nicht mit Auflagen oder Bedingungen belastet werden. Generell empfiehlt es sich, grössere Vermögenszuwendungen zu Lebzeiten schriftlich festzuhalten und die Kinder rechtzeitig und offen über die Vorgänge zu informieren. Durch eine frühzeitige Planung hat man so die Gewissheit, dass im Falle des Falles alles nach den eigenen Vorstellungen abläuft.

Tipps fürs Vorgehen

  • Immobilie(n) bewerten lassen
  • Transparente Kommunikation in der Familie
  • Neutrale und fachkundige Person beiziehen
  • Planung frühzeitig beginnen
  • Vermögensübertragungen schriftlich festhalten

Kontakt

JWT Immobilien AG/JWT Treuhand AG
Florian Büchel | +423 237 56 00 | f.buechel@jwt.li